Markt – Trends & Branchenentwicklungen

Fragt man deutsche Auswanderer, was sie an ihrer Heimat am meisten vermissen, rangiert gutes Brot meist auf den vorderen Plätzen. Auch weltweit ist Deutschland für seine Brotkultur bekannt. Dennoch sieht sich das Bäckerhandwerk mit einem stetigen Konzentrationsprozess der Branche konfrontiert.

Verschiedene Brotsorten.
© beats_, Fotolia.com
Die deutsche Brotkultur ist überaus vielfältig und wurde deshalb zum immateriellen Kulturerbe erklärt.

Ein Handwerk mit langer Tradition

Insgesamt 1,681 Mio. Tonnen, das heißt – bei einer Käuferreichweite von 98,2 % – im Schnitt 42,4 kg pro Haushalt: So viel Brot kauften die Deutschen laut der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) allein 2018. Gleichwohl dies ein Minus von 1,8 % gegenüber dem Vorjahr darstellt, gehören Brote und Backwaren damit immer noch zu den beliebtesten Lebensmitteln der Deutschen.

Denn das Bäckerhandwerk besitzt in Deutschland eine lange Tradition und ist über die Landesgrenzen hinaus für seine Sortenvielfalt bekannt. Rund 3.200 Brotspezialitäten erfasst das Deutsche Brotregister des Deutschen Brotinstituts derzeit offiziell. Schätzungen zufolge dürfte diese Zahl aber noch höher liegen, auch ein Grund dafür, warum die „Deutsche Brotkultur“ 2014 von der UNESCO zum immateriellen Kulturerbe erklärt wurde. Galt Brot früher üblicherweise als Abendmahlzeit, werden Brote und Backwaren heute gerne als gesunde Snacks zwischendurch konsumiert.

2018 fanden vor allem Mischbrote (28,1 %), Toastbrote (23,0 %) und Brote mit Körnern und Saaten (14,9 %) ihren Weg in die deutschen Haushalte. Aber auch Vollkorn- und Schwarzbrote (9,7 %), Weizenbrote (6,4 %), Roggenbrote (6,1 %) und Dinkelbrote (2,8 %) waren neben sonstigen Sorten (9,0 %) gefragt.

Mehr Umsatz, trotz Konzentrationsprozess

Auf diese Weise konnte die Branche nach Angaben des Zentralverbands des Deutschen Bäckerhandwerks e.V. 2018 ihren Jahresumsatz zum fünften Mal in Folge steigern und setzte bundesweit insgesamt 14,67 Mrd. Euro um (+ 1,1 %). Der Jahresumsatz eines Unternehmens stieg somit im Schnitt von 1,276 Mio. Euro auf 1,343 Mio. Euro an.

Parallel ging die Zahl der Handwerksbäckereien jedoch erneut zurück und sank laut Handwerksrolle von 11.347 Betrieben in 2017 auf 10.926 mit rund 35.000 Filialen (Stichtag: 31.12.2018). Das entspricht einem Minus von rund 3,7 %. Zum Vergleich: Vor gut 60 Jahren hatte es allein in den alten Bundesländern noch 55.000 Bäckereien gegeben.

Auch die Mitarbeiterzahlen sind weiterhin rückläufig. Durch den stetigen Konzentrationsprozess der Branche ist die durchschnittliche Mitarbeiterzahl pro Betrieb zwar auf 24,7 angestiegen, in Summe nahm die Zahl der Beschäftigten jedoch um 3.300 ab und belief sich in 2018 auf 270.400.

2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018
Betriebe 14.170 13.666 13.171 12.611 12.155 11.737 11.347 10.926
Beschäftigte 292.400 290.000 283.800 277.200 275.200 273.400 273.700 270.400
dav. Auszubildende 29.808 26.535 23.067 20.540 18.811 17.874 17.301 16.018
Gesamtumsatz (in Mrd. Euro ohne MwSt.) 13,35 13,15 13,18 13,52 13,99 14,29 14,48 14,67
Ø Mitarbeiterzahl je Betrieb 20,6 21,2 21,5 22,0 22,6 23,3 24,1 24,7
Ø Jahresumsatz je Betrieb 942 962 1.001 1.072 1.151 1.218 1.276 1.343
© Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks e. V., Berlin, 2018
Strukturzahlen des deutschen Bäckerhandwerks (2011-2018).

Größtes Branchenmerkmal: ein starker Wettbewerb

Diese Entwicklung ist vor allem auf den hohen Wettbewerbsdruck und eine starke Konkurrenz unter den Wettbewerbern zurückzuführen. Allein 500 Neueintragungen, die 2018 auf den Markt strebten, um mit einem eigenen Konzept auch neue Zielgruppen anzusprechen, verzeichnete die Branche.

Außerdem geht die Tendenz zu einer stärkeren Filialisierung der Betriebe, wodurch besonders große Ketten, die auch das Gros des Gesamtumsatzes erwirtschaften, ihren Marktanteil beständig ausbauen. Darunter haben vor allem die kleineren Bäckereien zu leiden, die dem nicht gewachsen sind und im Gegenzug vielfach Umsatzeinbußen hinnehmen müssen. 

Gerade Inhaber kleinerer Betriebe werden auf der Suche nach übernahmewilligen Gründern zudem oft nicht fündig, zum Teil auch, weil sie potenziellen Nachfolgern einen Investitionsstau oder eine schlechte strukturelle und wirtschaftliche Ausgangsbasis hinterlassen, weshalb ihnen nur die Wahl zwischen der Schließung oder der Veräußerung ihres Unternehmens an andere Mitbewerber bleibt.

Verschärft wird diese Situation durch die Discounter mit ihren eigenen Backstationen und durch die Selbstbedienungsbäckereien, die in den letzten Jahren mit ihrer Gut-und-Günstig-Mentalität einen Preiskampf entfachten. Dies führte zu einem Verdrängungsmarkt, dem einige Fachbetriebe nicht gewachsen und deshalb gezwungen sind, ihr Geschäft aufzugeben.

Ebenfalls nachteilig wirkt sich der fehlende Nachwuchs aus. Seit Jahren hat das Handwerk mangelndes Interesse junger Menschen an dem Erlernen eines handwerklichen Berufs zu beklagen. Schulabgänger fokussieren sich immer noch primär auf das Abitur und ein anschließendes Studium, obwohl sich auch im Handwerk gute Karriere- und Aufstiegsmöglichkeiten bieten.

Unter Berücksichtigung neu abgeschlossener sowie vorzeitig aufgelöster Ausbildungsverträge bildete das Bäckereihandwerk 2018 insgesamt 16.081 Lehrlinge in den Berufen Bäcker/in und Bäckereifachverkäufer/in aus. Vor 10 Jahren waren es mit 36.241 noch mehr als doppelt so viele. Der Ausbildung zum Bäcker bzw. zur Bäckerin gingen dabei 5.996 Lehrlinge nach, zum Bäckerei-Fachverkäufer bzw. zur Bäckerei-Fachverkäuferin ließen sich 9.876 Lehrlinge ausbilden.

Für ein Handwerk mit Zukunft

Um die Zukunft des Bäckerhandwerks zu sichern, ist es daher unerlässlich, dass die beiden Ausbildungsberufe in der breiten Öffentlichkeit wieder an Ansehen gewinnen und junge Menschen dazu angeregt werden, eine Ausbildung in einem der Traditionsberufe zu ergreifen.

Ein Bäcker erklärt seinen zwei Lehrlingen das Handwerk.
© Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks e. V.
Die Nachwuchsförderung ist das A und O für die
Zukunft des Bäckerhandwerks.

Dafür engagiert sich der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks e.V. bereits mit seiner Kampagne ‚Back dir deine Zukunft‘. Aber auch die Bäckereien selbst können ihren Teil dazu beitragen, die Berufe Bäcker/in und Bäckereifachverkäufer/in attraktiver zu gestalten: Der Ausbau der Produktion durch die Implementierung neuer Kältetechnik und neuer Maschinen etwa kann die internen Arbeitsabläufe sowie die Organisationsstruktur optimieren und so mitarbeiterfreundlichere Arbeitszeiten ermöglichen, ohne die Frische und den Geschmack der Brote und Backwaren zu beeinträchtigen, sondern diese sogar noch zu verbessern. Investitionen in die Digitalisierung, wie moderne Kassensysteme oder in eigene Shopping-to-go-Apps, wirken sich ebenfalls nachhaltig auf die internen Prozesse aus und sorgen für eine positive Außenwahrnehmung des Unternehmens.

Eine weitere Maßnahme mit Zukunftspotenzial sieht der Zentralverband vor allem in der Ausrichtung des Portfolios von Bäckereibetrieben auf das Premium-Segment. Denn für frische, handgemachte Produkte aus besten, regionalen Rohstoffen, die nach eigenen Rezepten gefertigt sind, einen unverwechselbaren Geschmack aufweisen und ohne den Einsatz von Zusatzstoffen und Chemie auskommen, ist der Verbraucher gerne bereit, mehr Geld für Brot und Brötchen zu zahlen.

Außerdem begegnen die Unternehmen dadurch dem Preiskampf mit den Billiganbietern und schaffen eine hervorragende Ausgangsbasis, um in dem enormen Wettbewerb langfristig bestehen zu können. Zumal den Themen Nachhaltigkeit, Gesundheit und gesunde Ernährung vor dem Hintergrund des demographischen Wandels eine immer wichtigere Bedeutung beigemessen wird.

Dank des steigenden Gesundheitsbewusstsein erfreuen sich auch sogenannten Front-Baking-Konzepte einer wachsenden Beliebtheit bei den Kunden. Der Blick in die Backstube gewährt den Verbrauchern nicht nur einen Einblick in das Traditionshandwerk, sondern lässt sie die handwerkliche Fertigung und Frische der Produkte live miterleben.

Daneben spielt die Diversifikation der Angebotspalette eine große Rolle. Ein umfangreiches Frühstücksangebot, eventuell mit Buffet, ein warmer Mittagstisch oder ein durchdachtes Kaffeekonzept sind nur einige der verschiedenen Möglichkeiten. Gleichzeitig sind es USPs, wie einzigartige Backwaren, die kein anderer Betrieb im Sortiment hat, die positiv auf den Erfolg eines Bäckereibetriebs wirken.

Der größte Wachstumstreiber der Branche ist jedoch noch immer das Außer-Haus-Geschäft mit seinen vielfältigen Snacks, da Menschen in verschiedensten Lebenslagen, sei es auf dem Weg zur Arbeit, in der Mittagspause oder auf dem Nachhauseweg, bevorzugt auf dieses Angebot zurückgreifen. Er kam im vergangenen Jahr auf 1,068 Mio. Besuche und stieg gegenüber dem Vorjahr somit nochmals um 2,01 % an, ein Trend, der sich auch in Zukunft fortsetzen dürfte.

Parallel kommen ständig neue hinzu: So sind unter anderem amerikanische Backwaren (Brownies, Cookies, Pies etc.), sog. Naked Cakes, das heißt Kuchen ohne Überzug bei denen die innere Struktur sichtbar ist, und die Verwendung alter Getreidesorten auf Konsumentenseite zunehmend gefragt.

Dementsprechend sind Investitionen in die Expansion, in die Produktqualität und in Innovationen von essentieller Bedeutung für die Bäckereibetriebe. Schon jetzt investieren sie rund 500 Mio. Euro jährlich in Maschinen, Fuhrpark und Einrichtung, aber vor allem kleine und mittlere Betriebe haben in dieser Hinsicht einen zum Teil großen Nachholbedarf.

Attraktive Förderdarlehen, Subventionen und Zuschüsse können daher Antrieb sein, lange geplante Projekte und Vorhaben zu realisieren und in die Tat umzusetzen. Nicht zuletzt profitieren kleine und mittlere Handwerksbäckereien (KMU) in diesem Zusammenhang von besonders günstigen Konditionen und können den Fortbestand ihres Unternehmens auf diese Weise nachhaltig sichern.

Quellen

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