Know-how - Die 12 häufigsten Fehler bei der Unternehmensfinanzierung (#10 von 12)
Eigenkapital ist ein hohes unternehmerisches Gut. Nicht umsonst gilt es als Ausweis wirtschaftlicher Gesundheit und Flexibilität. Unternehmen schätzen vor allem die Unabhängigkeit, die es verleiht. Aber sollte eine Finanzierung deshalb allein auf Eigenmittel setzen?
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Eigenkapital verrinnt, wenn es nicht richtig eingesetzt wird. |
Trügerische Freiheit
Ganz gleich, ob es sich um Gründung, Forschung und Entwicklung oder ein anderes Vorhaben dreht - manche Ideen wirken so überzeugend, dass man sich am liebsten direkt in die Projektarbeit stürzt. Ist auch noch eine größere Menge an Eigenkapital vorhanden, steht der direkten Umsetzung nichts mehr im Wege.
Nicht wenige Unternehmen sparen Eigenmittel genau für solche Situationen: Wozu sollte es sonst eingesetzt werden, wenn nicht für die Realisierung innovativer oder marktnaher Ideen? In diesem Sinne bedeutet Eigenkapital schnelles Agieren, unmittelbare Umsetzung und unternehmerische Freiheit ohne auf Zuarbeit von Dritten warten zu müssen.
Erstmal den Anfang und einen vermeintlichen Wert schaffen – es wird schon gut gehen, so lautet die Losung, wenn sich die Geschäftsführung lieber in die Arbeit flüchtet, als sich mit den Details einer Finanzierung auseinanderzusetzen. Dagegen werden Gesamtkosten des Vorhabens wider besseren Wissens ignoriert oder gar nicht erst kalkuliert. Manchmal mag das funktionieren, aber sicher nicht in jedem Fall und schon gar nicht auf Dauer.
Nachfinanzieren am Ende des Eigenkapitals?
Kurzfristige Ad-hoc-Entscheidungen ohne eine geplante Gesamtfinanzierung werden spätestens dann gefährlich, wenn das Kapital zur Neige geht, denn: Nachfinanzierungen sind jetzt schwierig, wenn nicht sogar unmöglich. Schließlich können die meisten Unternehmen eventuellen Finanzierungspartnern nun keine ausreichenden Sicherheiten mehr anbieten.
Solche Notlagen wirken sich gerade für Gründer schwerwiegend aus. Anders als etablierte Unternehmen verfügen sie nur selten über laufende Einnahmen, mit denen sie ihr Projekt noch weiter vorantreiben könnten. Das Kapital des Unternehmens verpufft und es droht das Ende der wirtschaftlichen Existenz.
Finanzierungen allein aus Eigenkapital beeinträchtigen aber auch gut aufgestellte Unternehmen, die ansonsten eine umsichtige Planung an den Tag legen. Dies kann an einem Musterbeispiel verdeutlicht werden.
Musterbeispiel: Projektphasen sind keine Realsicherheiten
In dem fiktiven Fall sieht die Unternehmensführung die günstige Gelegenheit, ein von langer Hand geplantes Innovationsvorhaben endlich anzustoßen. Ein erfahrenes Projektmanagement hat bereits einen realistischen Bedarf von 150.000 € ermittelt und das Vorhaben sogar in verschiedene Phasen inklusive konkret definierter Meilensteine gegliedert.
In Entscheidungsfragen setzt das Beispielunternehmen auf positive Werte, wie Autonomie und Flexibilität. Daher sind schnell 100.000 € Eigenkapital für das Vorhaben eingesetzt. Hier spielt auch die Überzeugung eine Rolle, dass im Bedarfsfall eine nachträgliche Finanzierung umso wahrscheinlicher wird, je mehr von dem Vorhaben bereits verwirklicht ist. Damit kann den Banken etwas Konkretes präsentiert werden, in das sie finanzieren sollen.
Weit gefehlt: Die Abbildung einzelner Projektphasen bietet den Banken keinen Wert und keine Realsicherheit. Ein nur in Teilen umgesetztes Vorhaben lässt sich nicht einsetzen, verkaufen oder ohne Verlust in andere Werte übersetzen. Es bleibt nur: ein erhöhtes Risiko.
Auch die Einschaltung einer Bürgschaft ist in solchen Fällen schwierig. Eine Bürgschaftsbank wird angesichts des riskanten Verhaltens in der Unternehmensführung kaum genügend Vertrauen aufbauen, um in das Projekt zu investieren – selbst wenn dieses für sich genommen überzeugt.
Auch andere Fördermittel, wie Zuschüsse, bieten keinen Ausweg aus der Misere: Vorrang hat immer die Gesamtfinanzierung. Ohnehin ist die Umsetzung eines Projekts vor der Beantragung möglicher Fördermittel generell förderschädlich.
Unternehmen gehen mit Finanzierungen allein aus Eigenkapital also ein hohes Risiko ein: Wenn sie das Vorhaben nicht (mehr) aus eigener Kraft stemmen können, sind eigene Mittel, auch in Größenordnungen jenseits der hier veranschlagten 100.000 €, schnell und unwiederbringlich verschwunden.
Der richtige Platz von Eigenkapital in der Finanzierung
Anstatt mit wertvollen Eigenmitteln zugleich die wirtschaftliche Existenz in den Sand zu setzen, sollte die Unternehmensführung in der Planung besser ausreichend Zeit in Finanzierungsfragen investieren. Dazu gehört auch die Vorbereitung der Bankgespräche.
Hier können Unternehmen ihr Vorhaben genau darstellen, inklusive entsprechender Planzahlen und zu erwartender Ergebnisse. Von Vorteil ist, wenn die Kosten des Gesamtprojekts umsichtig ermittelt sind, ein realistischer Zeitplan für die Umsetzung der einzelnen Projektphasen vorliegt und der künftige Effekt auf den Umsatz berechnet wird.
Kann das Unternehmen nun zusätzlich Eigenkapital einbringen, sieht die Welt ganz anders aus. In Finanzierungsverhandlungen ist eine hohe Eigenkapitalquote immer von Vorteil: Sie steht für höchste Sicherheit, verbesserte Kreditwürdigkeit und den Zugang zu weiterem Fremdkapital.
Gesamtfinanzierung und der Einbezug öffentlicher Mittel
Erkundigt sich die Geschäftsführung im Vorfeld bereits, welche öffentlichen Mittel einbezogen werden können, sind weitere Finanzierungsvorteile (niedriger Zinssatz, Zinsbindungen, risikogerechtes Zinssystem, tilgungsfreie Anlaufjahre, Haftungsfreistellung) möglich.
Ist die Eigenkapitalquote eines Unternehmens hingegen zu schmal aufgestellt, machen Fördermittel eine Gesamtfinanzierung manchmal überhaupt erst möglich. So können beispielsweise die Kosten für ein Innovationsvorhaben zusätzlich mit 10, 20 oder 30 % bezuschusst werden. Auch Bürgschaften oder Mezzaninfinanzierungen für etablierte Unternehmen oder Start-ups sind denkbar.
Zeichnet sich hingegen ab, dass ein Unternehmen häufig oder gar regelmäßig größere Investitionsvorhaben wie Projektarbeit oder Forschung und Entwicklung als Dienstleistung umsetzen wird, sollte das Management über die Gründung einer eigenständigen, kleinen Gesellschaft nachdenken. Schließlich können Investoren ein junges, innovatives Unternehmen von außen leichter mit Venture-Capital finanzieren. Das Programm „INVEST – Zuschuss für Wagniskapital“ bietet hierzu auf Investorenseite einen Zuschuss bis 20 % für die Kapitalbereitstellung.
Ein wichtiger Tipp: Für die Gesamtfinanzierung eines Vorhabens ist die Eröffnung eines Unterkontos anzuraten. So werden Kollisionen mit den Finanzströmen des Tagesgeschäfts vermieden und das Management behält den notwendigen Überblick. Das gilt erst recht, wenn Nachweise für Fördermittel, insbesondere Zuschüsse, aufbereitet werden müssen.