Know-how - Die 12 häufigsten Fehler bei der Unternehmensfinanzierung (#5 von 12)
Eigentlich scheint alles gut: Vom Erstgespräch blieb ein positiver Eindruck haften, auch die angeforderten Dokumente sind in Form und wurden bereits eingereicht. Sobald sich aber potenzielle Kapitalgeber mit Fragen zum Zahlenwerk zurückmelden, brechen sich nicht selten Konfusion, Unkenntnis und Überforderung im Management kleiner und mittlerer Unternehmen Bahn.
©Pico, Fotolia.com |
Zahlensalat: Die Interpretation des Berichtwesens bereitet oft Probleme. |
Rückfragen in den Finanzierungsverhandlungen
„Wieso fällt das vorläufige Ergebnis nicht so gut aus?“, „warum hat sich die Wareneinsatzquote zuletzt so negativ entwickelt?“ – auf solche Fragen können viele Unternehmer ad hoc keine überzeugende Antwort liefern. Die Finanzierungsverhandlungen drohen dann schnell zu scheitern.
Die Gründe für die mangelnde Vorbereitung liegen in der Struktur der unternehmerischen Tätigkeit selbst, die insbesondere im Management von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) eine problematische Einstellung befördert.
Berichtwesen gegen Tagesgeschäft und Motivation
Gerade das Tagesgeschäft erweist sich als steter Stolperstein einer weitsichtigen Unternehmensführung. Unter dem Druck der alltäglichen Erledigungen, von Kundenakquise über Materialbeschaffung bis hin zu den Problemen der Auftragsabwicklung, verfestigt sich im Management schnell die Einstellung, die essentiellen Mindestanforderungen der Finanzbuchhaltung allein für das Finanzamt zu verrichten: Das Zusammentragen der Zahlen für die Aufstellung von betriebswirtschaftlichen Auswertungen, Bilanzen oder Jahresabschlüssen erscheint als notwendiges Übel, das Energien bindet, die vermeintlich im operativen Geschäft weit besser eingesetzt wären.
In der Realität vieler Unternehmen fehlen oft auch ganz einfach Mittel oder Kenntnisse, um die Finanzbuchhaltung im eigenen Haus sauber abzubilden – von der Einführung eines umfassenden Controllings ganz zu schweigen.
Um wenigstens der rechtlichen Verpflichtung zur Führung eines externen Rechnungswesens nachzukommen, greifen nicht wenige KMU auf Dienstleister zurück. Die Vorteile liegen klar auf der Hand: Personal, Aufwand und Ressourcen können im eigenen Haus zugunsten einer sachgerechten Aufbereitung der Unternehmensdaten eingespart werden.
Auch hier zeigt sich: Das anfängliche Gefühl der Entlastung wird im Alltag schnell vergessen und von der als lästig wahrgenommenen Aufforderung des Steuerberaters verdrängt, allmonatlich einen Betrag an das Finanzamt abzuführen. Das hilfreiche Angebot, sich beim Steuerberater zu einer Finanzbesprechung einzufinden, wird dagegen gerne abgesagt. Der Grund: unaufschiebbare Termine.
Letztendlich dominiert auf Unternehmerseite also eine rein steuerliche Betrachtung des Rechnungswesens. Die Motivation sich mit dem „Zahlensalat“ intensiv auseinanderzusetzen, ist damit erheblich herabgesetzt; die Nutzung der zur Reflexion vorgesehenen Instrumente des Berichtwesens nicht möglich.
Achtlose Abgabe der Deutungshoheit
Spätestens wenn es zu Finanzierungsgesprächen kommt, rächt sich diese funktionale Betrachtung. Ganz gleich, ob es um ein neues Darlehen, eine Umschuldung oder andere Finanzangelegenheiten geht - ohne den prüfenden Blick in das Zahlenwerk investiert kein Kapitalgeber in die Zukunft eines Unternehmens.
Der entscheidende Punkt ist: Kapitalsuchende Unternehmer verkennen meist die enorme Interpretationsbedürftigkeit des einzureichenden Zahlenwerks. Mangels eingehender Auseinandersetzung sind die Unternehmer nicht in der Lage, diese zu erkennen, aufzulösen oder gegenüber dem potenziellen Kapitalgeber im Kontext der eigenen Unternehmenspolitik sachgerecht darzustellen. Werden die vom Steuerberater professionell aufbereiteten Zahlen auch noch achtlos und vorschnell an die Banken weitergeleitet, ist die Deutungshoheit über die Daten bereits verloren.
Bestenfalls stellt ein Bankmitarbeiter im Nachgang kritische Rückfragen zu den überstellten Unterlagen, die der Unternehmer aus bekannten Gründen eher schlecht als recht beantworten kann. In der Mehrheit der Fälle haben die Sachbearbeiter bereits ihre eigenen Schlüsse gezogen - natürlich zuungunsten des Unternehmens. Kapital wird dann zu schlechteren Konditionen oder auch gar nicht mehr ausgegeben.
Die Perspektive der Kapitalgeber
Kapitalgeber und Banken setzen bei der Erfassung der unternehmerischen Situation auf einen ganzheitlichen Blick: Verlangt werden Bilanzen, Jahresabschlüsse und betriebswirtschaftliche Auswertungen inklusive der Summen- und Saldenlisten. Das Ziel liegt in der Prognose, ob der betreffende Kandidat in Zukunft den Kapitaldienst erfüllen kann oder ein Ausfallrisiko vorliegt.
Dazu werden aus den angeforderten Materialien die relevanten Kennzahlen entnommen und mit Vergleichsdaten der Branche abgeglichen. Auf diesem Wege kann die Marktsituation eines Unternehmens individuell an passenden Gruppierungen bemessen werden.
Neben dem Vergleich konzentrieren sich Kapitalgeber bei der Analyse besonders auf große Ausschläge im Zahlenwerk eines kapitalsuchenden Unternehmens. Genau hier entstehen interpretative Schnellschüsse: Ausschläge werden generalisiert, sprunghafter Materialeinsatz im Vergleich zum Vorjahr kritisch beäugt oder als Indiz einer unternehmerischen Krise gewertet. Wilden Spekulationen ist damit Tür und Tor geöffnet.
Verdächtig sind nicht allein die für eine unternehmerische Entwicklung offensichtlich nachteiligen Zahlen, sondern auch der Positivbereich. Mit anderen Worten: plötzlich auftretendes, schnelles Wachstum.
Warum ist das so? Kapitalgeber bevorzugen kontinuierliches, geplantes und daher dauerhaft wiederholbares Wachstum. In diesem Sinne ist Sprungwachstum ein Indiz, dass es um Planung, Weitsicht und Analysefähigkeit im Unternehmen nicht gut bestellt ist. Wenden sich aktuell günstige Umstände einmal zum Schlechten, steht aus Sicht der Kapitalgeber kaum zu erwarten, dass eine mit solchen Mängeln behaftete Unternehmensführung eine nahende Krise erkennen sowie entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten kann.
Zahlenwerk als Steuerungsinstrument
Zu einer vorbildlichen Finanzbuchhaltung gehört daher das Verständnis, dass bereits mit BWA, Bilanz und Jahresabschluss individuell zugeschnittene Analyseinstrumente entwickelt werden, die eine professionelle Unternehmensführung unterstützen.
Die hier aufgeführten Parameter, wie Quoten zum Materialaufwand oder zum Waren- und Personaleinsatz, geben klare Hinweise darauf, wo die Kosten im Unternehmen liegen und an welchem Ansatzpunkt nochmal nachjustiert werden muss. Sind etwa die Kosten im Wareneinkauf zu hoch, könnte eine Strategie lauten, das Warenlager zu reduzieren und Waren fortan nur auf Kommission zu nehmen.
Was Unternehmer machen sollten
Die Beschäftigung mit dem Zahlenwerk liegt im ureigenen Interesse des Unternehmers. BWA, Bilanz und Jahresabschluss gilt es auf Vordermann zu bringen. Jedoch reicht die bloße Kenntnis der Unternehmenszahlen allein nicht aus, ein Unternehmer sollte sie auch richtig interpretieren können. Im Kern bedeutet dies, die Beziehung zwischen den Daten, insbesondere den periodisch oder plötzlich auftretenden Ausschlägen, und der eigenen Unternehmenspolitik aufzudecken.
Um das Zahlenwerk Schritt für Schritt zu entschlüsseln, empfiehlt es sich, Notizen zu Investitionen, wiederkehrenden Materialeinsätzen, Versicherungen und sonstigen Positionen anzufertigen. Damit lässt sich auch nach Wochen, Monaten oder Jahren Klarheit schaffen.
Gerade für Finanzierungsgespräche ist eine sorgfältige Vorbereitung und Durchleuchtung angeraten. Für die notwendige Aufklärungsarbeit stehen dem Unternehmer zwei Kanäle zur Verfügung: Entweder liefert der Unternehmer Zahlenwerk und erklärende Interpretation in einem Gespräch. Oder der Unternehmer reicht diese Darstellungen in schriftlicher Form ein, etwa in im Rahmen eines Businessplanes.
Ein zwingender Bestandteil ist dabei eine sachliche Erläuterung auffälliger Datensätze. Hier ist der Platz um darzustellen, dass es sich bei dem jüngsten Kostenausschlag etwa nicht um einen dauerhaften Zustand handelt, sondern die Chance zu einem günstigen Einkauf mit hohen Rabatten ergriffen wurde.
Von dem Überspielen unternehmerischer Problemzonen ist in aller Deutlichkeit abzuraten – die Zahlen werden ohnehin offengelegt. Von Vorteil ist vielmehr, Schieflagen oder selbstverschuldete Fehler proaktiv anzusprechen und Lösungswege aufzuzeigen. So präsentiert sich der Unternehmer gegenüber potenziellen Kapitalgebern als reflektierte Führungskraft, die über das eigene Haus genau Bescheid weiß und entsprechende Steuerungen vornimmt.
Diese Informationsbereitschaft kann dabei sogar als Steigbügel für die eigentlichen Verhandlungsziele dienen. War beispielsweise anlässlich eines schlechten Ergebnisses von dem Ausfall eines Großkunden die Rede, so kann der Unternehmer den Bankmitarbeiter darauf hinweisen, dass der Abschluss der im Bankportfolio vorhandenen Ausfallversicherung solche Risiken in Zukunft minimieren werde. Auch anvisierte Investitionsziele können hier von Vorteil sein, sofern sie die wirtschaftliche Entwicklung nachhaltig verbessern.
Unterstützung bei Interpretationsfragen
Fehlen einem Unternehmer jedoch grundlegende Kenntnisse, wird er Probleme im Unternehmen kaum erkennen. Unternehmenssteuerung, Außendarstellung und eine ordentliche Vorbereitung auf anstehende Finanzierungsgespräche sind damit kaum möglich.
Was also tun, wenn die Daten aus BWA, Bilanz und Jahresabschluss einfach nicht aufzuschlüsseln sind? Eine erste Anlaufstelle ist der Steuerberater. Verständnisfragen bedeuten keinen Gesichtsverlust – schließlich haben auch Steuerberater ein Interesse an zufriedenen Mandanten. Allerdings ist deren Hilfe begrenzt, sobald konkrete Interpretationsfragen und praktische Konsequenzen im Mittelpunkt stehen.
An dieser Stelle kann die Unterstützung eines professionellen Finanzierungsberaters nützlich sein. Deren Leistungsspektrum zeichnet sich durch die Erarbeitung eines auf die Bedürfnisse der Kapitalgeber zugeschnittenen Zahlenwerks und die Erörterung auffälliger Tendenzen aus – und das bereits im Vorfeld von Finanzierungsgesprächen. Beratungserfahrung und enge Zusammenarbeit setzen diese Dienstleister zugleich in die Lage, umsetzbare Lösungen für Fehlentwicklungen aufzuzeigen oder die Sinnhaftigkeit avisierter Investitionsziele zu beurteilen.
Unternehmen profitieren hierbei nicht zuletzt von der Unterstützung in der Außendarstellung: Finanzierungsgespräche werden sorgsam vorbereitet und von fachkundiger Hand im Sinne des Mandanten geführt. Vielen Unternehmern stellt sich auf diesem Weg dennoch eine nicht zu unterschätzende Hürde: Sie müssen sich zunächst von einer tiefsitzenden Beratungsresistenz befreien.