Know-how - Die 12 häufigsten Fehler bei der Unternehmensfinanzierung (#4 von 12)
Zur Finanzierung greifen Unternehmen meistens auf Fremdkapital zurück. Gleichgültig ob hierzu öffentliche Mittel in Anspruch genommen werden sollen oder nicht, ist eine sorgfältige Vorbereitung unerlässlich. Vorliegende Jahresabschlüsse sind dabei ein wichtiger Baustein, der vielen Unternehmern Mühe und Sorge bereitet.
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Unternehmer finden viele Gründe, um den Jahresabschluss aufzuschieben. |
Unvorbereitet zum Bankgespräch
Warum eigentlich nicht? Viele Unternehmer wagen unvorbereitet den Gang in anstehende Finanzierungsgespräche mit der Bank ihres Vertrauens. Da das Investitionsziel klar scheint, soll doch der Banker zunächst mal ein Angebot unterbreiten – eine Lösung wird sich schon finden.
Sobald das Thema auf den Jahresabschluss gelenkt wird, tritt die große Ernüchterung ein: Sind die Zahlen nicht vorhanden, legt der Banker die Gespräche schnell auf Eis.
Was ist ein Jahresabschluss?
Ein Jahresabschluss muss von allen Kaufleuten erstellt werden und bietet den Überblick zur finanziellen Situation eines Unternehmens bei Beendigung des Wirtschaftsjahres. Gängigerweise umfasst der Jahresabschluss mindestens eine Bilanz sowie eine Gewinn- und Verlustrechnung. Größere Unternehmen, zu denen alle Kapitalgesellschaften zählen, benötigen zusätzlich einen entsprechenden Anhang und in einigen Fällen auch einen Lagebericht. Bei kleineren Unternehmen, wie kleinen Gewerbetreibenden und Freiberuflern, wird der Jahresabschluss durch eine Einnahmenüberschussrechnung ersetzt.
Unternehmen sind gesetzlich dazu verpflichtet, den Jahresabschluss aufzustellen. Kapitalgesellschaften ab mittlerer Größe müssen das Zahlenwerk bereits in den ersten 3 Monaten des neuen Jahres anfertigen, kleinere Kapitalgesellschaften haben 6 Monate Zeit. Für die übrigen Unternehmen gilt gar ein Zeitraum zwischen 9 Monaten und einem Jahr.
Warum Jahresabschlüsse oft fehlen
Die unternehmerische Praxis zeigt: Die fälligen Jahresabschlüsse sind oft nicht verfügbar, manchmal liegen sogar die Daten der vergangenen Jahre nicht vor. Die Gründe, warum sie trotz der Auflagen nicht fertiggestellt wurden, sind vielschichtig.
Oft ist die Erstellung eines solchen Zahlenwerks mit viel Anstrengung für den Unternehmer verbunden. Hinzu kommt: Fährt das Unternehmen Gewinn ein, muss es aufgrund der Steuerschuld auch noch eine Zahllast erbringen. Das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Motivationslage.
Im Strudel des dringenden Tagesgeschäfts verbreitet sich leicht die Vorstellung, den als lästig wahrgenommenen Aufwand allein für das Finanzamt oder allerhöchstens für den Banker des Vertrauens leisten zu müssen. Offenbart der Blick in die Buchhaltung zusätzlich einen desolaten Zustand, wird die Erstellung des Jahresabschlusses schnell nach hinten verschoben.
Eine weitere Ursache kann der Steuerberater (oder der Wirtschaftsprüfer) eines Unternehmens sein. Eher selten kommt es vor, dass ein Steuerberater zu viele Mandate betreut, erkrankt ist oder aus anderen Gründen das Pensum nicht termingerecht bewältigen kann. Häufiger ist auch hier der Unternehmer in der Verantwortung: Sei es, dass er nicht alle notwendigen Unterlagen eingereicht hat, sei es, dass er beim Steuerberater noch Rechnungen zu begleichen hat. Bis diese nicht vollständig abgetragen sind, darf der Steuerberater sein Einbehaltungsrecht gegenüber dem Klienten gültig machen und die Herausgabe der Jahresabschlüsse verweigern.
Selbst ein vorläufiger Jahresabschluss, also ein nicht vom Steuerberater unterzeichnetes Muster, hilft dem Unternehmer bei Banken und Finanzamt nicht weiter, da es bei einer ordnungsmäßigen Verbuchung noch zu gravierenden Veränderungen der Zahlen kommen kann.
Nur graduell anders gelagert ist der Fall, wenn ein Jahresabschluss bereits fertiggestellt wurde, diesmal aber vom Unternehmer zurückgehalten wird: Die Zahllast wird als so drückend empfunden, dass die Eingabe beim Finanzamt immer wieder hinauszögert wird.
Alle Wege führen stets zum gleichen Ergebnis: Es entsteht ein Teufelskreis, in dem Steuerberater, Banken und das Finanzamt Druck auf das Unternehmen ausüben.
Warum Jahresabschlüsse für Unternehmen wichtig sind
Dabei liegen Jahresabschlüsse im ureigenen Interesse des Unternehmens - schließlich sind sie ein wichtiges betriebswirtschaftliches Analyseinstrument. Der Unternehmer kann aus ihnen wichtige Vergleichszahlen ablesen.
Mit dem Jahresabschluss lassen sich vergangene und gegenwärtige Daten schnell miteinander in Bezug setzen, sodass eine Zukunftsprognose abgeleitet werden kann. Anhand dieser Entwicklungstendenz kann der Unternehmer Problemzonen und kritische Erfolgsfaktoren bestimmen und für die Planung des kommenden Geschäftsjahres entsprechende Steuerungskorrekturen vornehmen.
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Liegt der Jahresabschluss nicht vor, geraten Finanzierungsgespräche schnell in eine Sackgasse. |
Warum Jahresabschlüsse für Banken wichtig sind
Aus den gleichen Gründen wird der Jahresabschluss auch von den Banken verlangt. Der Finanzierungspartner will sich ein Bild von der wirtschaftlichen Lage seines potenziellen Klienten machen und prüfen, wie dessen Ausfallwahrscheinlichkeit einzuschätzen ist.
Banken sind zu einer solchen Risikoanalyse durch die sogenannten Basler Vorschriften angehalten, die im Rahmen der Europäischen Union umgesetzt wurden. Bei der Erstellung eines Ratings greifen die Kreditinstitute unter anderem auf Jahresabschlüsse zurück. Daneben legen viele Banken auch individuelle Größen fest, ab denen kein Kredit mehr vergeben wird.
Mit dem Jahresabschluss soll die unternehmerische Entwicklung beurteilt und Auffälligkeiten aufgedeckt werden: Banken bevorzugen kontinuierliches Wachstum. Kritisch beäugt wird dagegen, wenn der Gewinn in diesem oder jenem Jahr stark nach unten, aber auch nach oben ausschlägt.
Ein weiteres Ziel der Maßnahmen ist, den Vergleich eines Unternehmens mit dem Marktdurchschnitt möglich zu machen: Hierbei werden die Daten der Jahresabschlüsse mit den wichtigsten Kennzahlen der jeweiligen Branche abgeglichen. Welcher Gewinn oder Umsatz ist unter ähnlichen Vorbedingungen für ein Unternehmen vergleichbarer Größe erreichbar?
Ohne einen Blick in ein informierendes Zahlenwerk wird daher kaum ein Banker irgendein Angebot unterbreiten, geschweige denn Finanzierungsgespräche zielführend vorantreiben. Soll ein Projekt zudem unter Zuhilfenahme öffentlicher Mittel abgebildet werden, müssen in einigen Fällen sogar die Abschlüsse mehrerer Jahre vorliegen.
Falscher und richtiger Umgang mit kritischen Jahreszahlen
Angesichts der zentralen Bedeutung der Jahresabschlüsse mag sich mancher Unternehmer dazu verleitet fühlen, ein nachteiliges Zahlenwerk gegenüber der Bank auszusparen. Wenn der Banker nicht fragt, schadet es doch nicht, die Zahlen so lange wie möglich zurückzuhalten. Auch Vertröstungen, die Zahlen seien noch nicht in Form und werden später nachgereicht, gehen schnell über die Lippen.
Der Bankmitarbeiter argwöhnt dann bereits, dass etwas verschwiegen werden soll; bestenfalls attestiert er dem Unternehmer eine nachlässige Arbeitsweise – in beiden Fällen eine nachhaltige Störung der Vertrauensbasis. Unternehmer sollten daher von solchen Versuchen Abstand nehmen: Sie kosten Zeit, trüben das Klima zur Bank, führen bloß in die Finanzierungssackgasse und schaden allein dem Unternehmer.
Anstatt potenziell nachteilige Daten zu verschweigen, müssen die Probleme sachlich aufgearbeitet werden. Die Offenlegung des Jahresabschlusses ist daher nicht allein als passive Stunde der Wahrheit, sondern auch als Chance zu proaktivem Handeln zu begreifen: Der Unternehmer kann im Gespräch die Situation mitgestalten und erklären, warum die aktuellen Zahlen im Vergleich zu anderen Jahren abfallen, auf lange Sicht jedoch steigen werden.
Vielleicht hat das Unternehmen im vergangenen Jahr in eine Übernahme investiert, einen Lagerbestand mit hohem Wareneinsatz aufgebaut oder ist bei der Produktentwicklung in deutliche Vorleistungen gegangen, die auf Dauer neues Wachstum erwarten lassen. Auch unvorhersehbare Marktentwicklungen oder der Ausfall eines Großabnehmers bedeuten kein Ende der Finanzierungsgespräche, wenn klar ersichtlich wird, wie der Unternehmer mit seiner Investition diesen Kurs zu korrigieren gedenkt.
Als Regel gilt: Unternehmer müssen Schwächen klar benennen. Sie sollten diese aber in ihren Hintergründen erklären und in Bezug zu hauseigenen Stärken, Potenzialen und Marktchancen setzen. Eine sorgfältige Analyse des Jahresabschlusses und eine professionelle Vorbereitung auf die Finanzierungsgespräche sind also dringend angeraten.
Fazit
Wer bei Finanzierungsfragen nicht in eine Sackgasse geraten, sondern Bankgespräche erfolgreich voranbringen will, sollte den Termin nicht ohne Konzept begehen. Dies gilt für Finanzierungsgespräche im Allgemeinen, für einen passenden Weg durch den Förderdschungel im Besonderen.
Ein Businessplan nach Muster wird dazu kaum ausreichen. Vielmehr braucht es ein qualifiziertes und im Kontext erläutertes Zahlenwerk. Darin leisten passende Instrumente, von Ertragsvorschau über Liquiditätsplan bis hin zur Planbilanz, einen Abgleich vergangener sowie gegenwärtiger Jahreszahlen und erheben eine fundierte Zukunftsprognose, die auch gegenüber dem Banker vertrauensbildend wirkt.