Know-how - Das Einmaleins der Förderwelt
Nicht nur von öffentlichen Mitteln können Selbstständige profitieren, auch die Gesetzgebung bietet ihnen manchen Vorteil. So ist im Umsatzsteuergesetz die sog. Kleinunternehmer-Regelung verankert, die die Unternehmer von der Entrichtung der Umsatzsteuer befreit. Damit diese Regelung greift, müssen jedoch einige Voraussetzungen erfüllt sein.
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Befreit von der Umsatzsteuer: Die Kleinunternehmer-Regelung. |
Denn gemäß § 19 UStG fallen unter diese Regelung nur diejenigen Unternehmen, deren Umsatz im vorangegangen Kalenderjahr die Grenze von 17.500 Euro nicht überstiegen hat und die im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich nicht mehr als 50.000 Euro Umsatz erwirtschaften werden.
In solchen Fällen erhebt das Finanzamt keine Umsatzsteuer. Das heißt: Kleinunternehmer müssen keine Umsatzsteuer zahlen und keine Umsatzsteuer in ihren Rechnungen ausweisen. Gleichzeitig entfällt bei ihnen aber auch der Anspruch auf Vorsteuerabzug. Gezahlte Umsatzsteuer, etwa bei erhaltenen Waren oder anderweitigen unternehmensbezogenen Leistungen durch Fremdfirmen, kann somit nicht vom Finanzamt zurückgefordert werden.
Vorteile
Für den Selbstständigen bietet das durchaus Vorteile. Durch die ausbleibende Unterscheidung zwischen Brutto und Netto entsteht ein geringerer Verwaltungsaufwand. Kleinunternehmer müssen lediglich eine einfache Buchhaltung betreiben, wenn sie nicht als Kaufleute gelten, keine Handelsregister-Eintragung besitzen und die Grenzen für Umsätze, Gewinne und sogenannte Wirtschaftswerte nicht überschreiten. Auch die Umsatzsteuererklärung erfordert in der Regel nur die Eintragung von 2 Zahlen.
Im Privatkundengeschäft können Dienstleistungen und Produkte deutlich günstiger angeboten werden, denn die Berechnung der Mehrwertsteuer von zurzeit 19 % entfällt. Ein Beispiel: Die Dienstleistungsrechnung eines Kleinunternehmers liegt bei 100 Euro. Von einem umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen hingegen werden 119 Euro für dieselbe Leistung veranschlagt. Das räumt dem Kleinunternehmer eine bessere Positionierung im Wettbewerb gegenüber den Mitbewerbern ein und sichert ihm höhere Absatzzahlen.
Nachteile
Wächst das Unternehmen jedoch zusehends und der Umsatz durchbricht irgendwann die Umsatzgrenze, unterliegt der Unternehmer wie seine Mitbewerber der Regelbesteuerung. Nun muss er die Mehrwertsteuer berechnen, wodurch der vorherige Preisvorteil zunichte ist. Wurde zuvor eine "Möglichst-billig-Mentalität" gepflegt, sind nun Preiserhöhungen notwendig, die fallende Absatzzahlen und eine Schmälerung des Gewinns nach sich ziehen können.
Darüber hinaus kann das Fehlen der Umsatzsteuer auf Rechnungen durchaus imageschädigend wirken. Oftmals erwecken Kleinunternehmer den Eindruck fehlender Kompetenz oder werden als unseriös wahrgenommen.
Nicht zuletzt sind in der Anfangszeit eines Unternehmens oft hohe Investitionen notwendig. Die fehlende Vorsteuerabzugsberechtigung erhöht allerdings die Betriebsausgaben, sodass Betriebsmittel an anderer Stelle nicht zur Verfügung stehen. Daher kann sich die Kleinunternehmer-Regelung ebenfalls negativ auf die Liquidität auswirken.
Für wen ist die Kleinunternehmer-Regelung geeignet?
Aus steuerlicher Sicht zählen Einzelunternehmer bzw. Freiberufler, aber auch Teams in der Rechtsform einer GbR oder Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) als Kleinunternehmer.
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Vor allem nebenberufliche Gewerbetreibende im Privatkunden-Geschäft profitieren von der Kleinunternehmer-Regelung. |
Nach Abwägung der Vor- und Nachteile eignet sich die Kleinunternehmer-Regelung aber vor allem für nebenberufliche Gewerbetreibende und Selbstständige im Privatkunden-Geschäft, sofern sie keine großen Investitionen tätigen müssen und die Jahresumsätze auch in den kommenden Jahren unter 17.500 Euro jährlich liegen.
Vollerwerbsgründer ebenso wie nebenberufliche Gewerbetreibende und Selbstständige im B2B-Geschäft sollten vom Gebrauch der Regelung besser absehen. Für Vollerwerbsgründer reicht das Umsatzlimit ohnehin nicht aus, um damit den eigenen Lebensunterhalt oder gar den einer ganzen Familie zu bestreiten. Nebenberufliche Gewerbetreibende und Selbstständige im B2B-Bereich haben durch die Regelung keine Preis-Vorteile, verzichten unnötig auf Liquidität und werden zudem als unprofessionell gebrandmarkt.
Der Kleinunternehmer-Regelung widersprechen, geht das?
Da eine Pflicht, der Regelung Folge zu leisten, nicht besteht, kann sich der Unternehmer gegen die Anwendung der Kleinunternehmer-Regelung aussprechen. Dann muss er gemäß der Regelbesteuerung zwar die entstandene Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen, kann die Umsatzsteuer aber auch in seinen Rechnungen ausweisen und vom Vorsteuerabzug Gebrauch machen. Findet die Kleinunternehmer-Regelung keine Anwendung, ist diese Entscheidung jedoch für mindestens 5 Kalenderjahre bindend.
Gründer müssen dem Finanzamt dann in den ersten 2 Kalenderjahren monatlich, später vierteljährlich, eine Umsatzsteuervoranmeldung zukommen lassen und die Umsatzsteuer entrichten.
Wie mache ich von der Kleinunternehmer-Regelung Gebrauch?
Die Beantragung der Kleinunternehmer-Regelung ist denkbar einfach. Jede Gründerin und jeder Gründer bekommt vom Finanzamt einen Fragebogen zur steuerlichen Erfassung. Gewerbetreibende erhalten diesen im Rahmen ihrer Gewerbeanmeldung. Freiberufler wenden sich direkt an das Finanzamt oder einen Steuerberater. Im Fragebogen lässt sich ankreuzen, ob man auf die Kleinunternehmer-Regelung zurückgreifen möchte oder nicht.
Entscheidet man sich dafür, ist ein Wechsel zur Regelbesteuerung jederzeit möglich. Es genügt ein formloses Schreiben an das Finanzamt.
Sobald ein Unternehmer in einem Kalenderjahr die Umsatzgrenze überschreitet, findet der Wechsel zur Regelbesteuerung automatisch statt.
Auch bereits selbstständige Unternehmer können jederzeit zur Kleinunternehmer-Regelung zurückkehren, sofern sie die Umsatz-Kriterien erfüllen. Ein formloses Schreiben an das Finanzamt reicht hier ebenfalls aus.
Praxisbeispiele
Fall 1: Existenzgründer
Unternehmer A möchte sich im Oktober dieses Jahres nebenbei als Handwerker selbstständig machen und die Kleinunternehmer-Regelung nutzen. Da diese sich immer auf ein ganzes Kalenderjahr bezieht, muss er den Umsatz für die kommenden 12 Monate kalkulieren. Er geht von monatlichen Einnahmen in Höhe von 1.100 Euro aus. Das entspricht 13.200 Euro im Jahr, womit Unternehmer A unter der 17.500 Euro-Marke liegt und die Kleinunternehmer-Regelung anwenden kann.
In 2018 erzielt Unternehmer A einen Gesamtumsatz von 15.000 Euro. Die Kleinunternehmer-Regelung greift weiterhin.
Da die Nachfrage inzwischen wächst und einige lukrative Aufträge hinzugekommen sind, prognostiziert Unternehmer A für 2019 einen Gesamtumsatz von 25.000 Euro. Am Ende des Jahres stellt er jedoch fest, dass er tatsächlich einen Gesamtumsatz von 27.500 Euro erzielt hat. Da Unternehmer A somit immer noch unter der 50.000 Euro-Grenze liegt, findet die Kleinunternehmer-Regelung in diesem Jahr noch Anwendung.
Aber: Selbst wenn Unternehmer A mit seinem Umsatz die Grenze von 50.000 Euro überschritten hätte, hätte die Kleinunternehmer-Regelung noch gegolten. Denn ausschlaggebend ist immer der geschätzte Gesamtumsatz zu Jahresbeginn. Wäre Unternehmer A Anfang 2019 davon ausgegangen, dass sein Jahresumsatz die 50.000 Euro übertrifft, wäre er bereits für das laufende Jahr umsatzsteuerpflichtig gewesen.
In 2020 fällt Unternehmer A mit seinem Handwerksbetrieb schließlich unter die Regelbesteuerung. Er muss in seinen Rechnungen nun die Umsatzsteuer ausweisen und an das Finanzamt abführen, da er in 2019 deutlich mehr Umsatz erwirtschaftet hat als 17.500 Euro.
Fall 2: Etablierte Unternehmerin
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Ein Wechsel zurück zur Kleinunternehmer- Regelung ist möglich, werden die entsprechenden Kriterien erfüllt. |
Unternehmerin B ist seit 5 Jahren nebenberuflich als Nachhilfelehrerin tätig. Bisher hat sie von der Regelbesteuerung Gebrauch gemacht und Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt. Erfahrungsgemäß schwankt ihr Jahresumsatz zwischen 14.000 und 16.000 Euro und auch in 2017 wird ihr Jahresumsatz die 17.500 Euro-Grenze wohl nicht überschreiten. Daher möchte sie in 2018 zur Kleinunternehmer-Regelung wechseln. Sie setzt ein entsprechendes Schreiben an ihr zuständiges Finanzamt auf und bittet um den Wechsel.
Erfüllt Unternehmerin B die entsprechenden Voraussetzungen, muss das Finanzamt dieser Bitte nachkommen. Ein Bewilligungsschreiben erfolgt in der Regel nicht. Sollte sie zu einem späteren Zeitpunkt jedoch die 17.500 Euro-Umsatzgrenze überschreiten, fällt sie wieder unter die Regelbesteuerung.
Allerdings muss sie beim Wechsel von der Regelbesteuerung zur Kleinunternehmer-Regelung zum Jahresende einige Besonderheiten beachten:
- Bezahlt ein Kunde Rechnungen aus 2017 mit ausgewiesener Umsatzsteuer erst Ende Januar 2018, gehört der Vorgang in die Voranmeldung des betreffenden Monats (Januar) und wird der Umsatzsteuererklärung des neuen Jahres zugeordnet. Das gilt auch für Quartalszahler. Unbezahlte Ausgangsrechnungen aus 2017 müssen nicht nachträglich korrigiert werden.
- Wenn Unternehmerin B Anfang 2018 Rechnungen für Nachhilfestunden schreibt, die sie in 2017 gegeben hat, muss sie darauf noch Umsatzsteuer ausweisen. Die dazugehörigen Umsatzsteuereinnahmen gehören ebenfalls in die Voranmeldung des betreffenden Monats bzw. Quartals und die Umsatzsteuererklärung von 2018.
- Erhält und begleicht Unternehmerin B in 2018 eine Rechnung für Lieferungen und Leistungen, die sie in 2017 in Anspruch genommen hat, darf sie den Umsatzsteueranteil in 2018 noch als Vorsteuer geltend machen.
- Falls Unternehmerin B sich in den vergangenen 5 Jahren Anlagevermögen (z.B. Büroeinrichtung oder einen Laptop) angeschafft und Vorsteuer geltend gemacht hat, muss der Vorsteuerabzug ab dem Zeitpunkt des Wechsels zur Kleinunternehmer-Regelung korrigiert werden. Das gilt jedoch nur dann, wenn der Vorsteueranteil 1.000 Euro überschreitet.