Know-how – Hätten Sie es gewusst?
Bei der Finanzierung unternehmerischer Vorhaben mit öffentlichen Mitteln profitieren vor allem kleine und mittlere Unternehmen von attraktiven Konditionen. Aber aufgepasst! Bei der Entscheidung, ob ein KMU antragsberechtigt ist, sind auch deren verbundene Unternehmen und Partnerunternehmen zu berücksichtigen.
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Eng miteinander verknüpft: Partner- und Verbundunternehmen und die Frage, ob ein Unternehmen als KMU gilt. |
Um die Wirtschaftskraft Deutschlands und die Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) zu stärken, werden sie von EU, Bund und Ländern hinsichtlich nachhaltiger Investitionen mit diversen Maßnahmen, Förderdarlehen, Subventionen und Zuschüssen gefördert.
Bei der Antragstellung gibt es jedoch einige Dinge zu beachten. Neben wichtigen Faktoren wie dem Investitionsstandort, der Branche, dem Vorhaben oder der Unternehmerpersönlichkeit, sind vor allem die Unternehmensgröße und die Unternehmenskennzahlen des letzten Jahresabschlusses bzw. der letzten Bilanz entscheidend.
Denn viele Programme richten sich ausschließlich an KMU. Diese dürfen per Definition jedoch nicht mehr als 250 Mitarbeiter* haben und keinen Jahresumsatz von über 50 Mio. Euro bzw. keine Jahresbilanzsumme von über 43 Mio. Euro aufweisen. Unternehmen, die nicht in dieses Cluster fallen, sind demnach nicht antragsberechtigt oder müssen bei Förderprogrammen, die auch für Großunternehmen geeignet sind und ein gesondertes KMU-Fenster aufweisen, mit anderen Konditionen rechnen.
Was so simpel und einfach klingt, kann aber durchaus zu aufwändigen Vorarbeiten führen, da auch gegebenenfalls vorhandene Verbund- und/oder Partnerunternehmen bei der Überprüfung, ob es sich bei dem antragstellenden Unternehmen tatsächlich um ein KMU handelt, zwingend berücksichtigt werden müssen.
Als solche gelten Unternehmen, die auf eine bestimmte Art und Weise mit dem antragstellenden Unternehmen in einer wirtschaftlichen Beziehung stehen und deshalb eng mit diesem verknüpft sind.
* Anzahl der innerhalb eines Jahres beschäftigten Vollzeitmitarbeiter (ohne Auszubildende). Die Zahl der Teilzeitangestellten und Minijobber wird abhängig von der wöchentlichen Arbeitszeit auf Vollzeitstunden hochgerechnet.
Eigenständige Unternehmen
Am einfachsten haben es daher sogenannte eigenständige Unternehmen, die ohne oder mit nur geringer Beteiligung von unter 25 % an anderen oder durch andere Unternehmen auskommen. Unter diesen Umständen reichen die Daten zum antragstellenden Unternehmen aus und die Inhaber können anhand der notwendigen Parameter schnell feststellen, ob es die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt oder nicht.
Eine Eigenständigkeit wird auch dann angenommen, sofern folgende Gruppen 25 % der Anteile oder mehr am antragstellenden Unternehmen halten:
- Staatliche Beteiligungsgesellschaften,
- Risikokapitalgesellschaften,
- Business Angel, die die Eigenmittel nicht in börsennotierte Unternehmen investieren und deren getätigte Investition in das Unternehmen die Grenze von 1,25 Mio. Euro nicht überschreitet,
- Universitäten oder Forschungszentren ohne Gewinnabsicht,
- institutionelle Anleger,
sowie
- regionale Entwicklungsfonds oder autonome Gebietskörperschaften mit einem Jahreshaushalt von weniger als 10 Mio. Euro und weniger als 5.000 Einwohnern.
Besitzt der Inhaber des antragstellenden Unternehmens jedoch mehrere Unternehmen oder ist einer der Gesellschafter mehrheitlich noch an weiteren Unternehmen beteiligt, die in demselben Markt oder in benachbarten Märkten aktiv sind, ist diese Definition nicht mehr zutreffend. Das Unternehmen fällt dann unter die sog. Verbundunternehmen und die Unternehmensstrukturen müssen in Gänze betrachtet und der zuständigen Vergabestelle detailliert dargelegt werden.
Verbundene Unternehmen
Daneben führt die KfW noch weitere Charakteristika auf, die die Identifikation eines KMU als Verbundunternehmen ermöglichen.
Demnach gelten Unternehmen als verbundene Unternehmen,
- wenn die Notwendigkeit zur Erstellung eines konsolidierten Jahresabschlusses besteht,
- wenn ein Unternehmen mehrheitlich über die Stimmrechte der Aktionäre/Gesellschafter an einem anderen Unternehmen verfügt,
- wenn ein Unternehmen dazu berechtigt ist, die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsrates eines anderen Unternehmens ein- oder abzuberufen,
- wenn ein Vertragsbeschluss oder eine Klausel in der Satzung eines Unternehmens einem anderen Unternehmen einen beherrschenden Einfluss auf dieses Unternehmen einräumt
oder
- wenn ein Unternehmen, das Aktionär/Gesellschafter an einem anderen Unternehmen ist, laut einer Vereinbarung mit anderen Aktionären/Gesellschaftern dieses Unternehmens im Besitz der alleinigen Kontrolle über die Mehrheit der Stimmrechte von dessen Aktionären/Gesellschaftern ist.
Diese Definition gilt selbst dann, wenn das antragstellende Unternehmen nicht den aktiven Part, sondern den passiven Part einnimmt und einem anderen Unternehmen wirtschaftlich untergeordnet ist.
Außerdem werden beispielsweise mehrere Tochterunternehmen als miteinander verbundene Unternehmen definiert, wenn sie dasselbe Mutterunternehmen haben.
Partnerunternehmen
Unter dem Begriff Partnerunternehmen versteht man hingegen Unternehmen, die alleine oder gemeinsam mit anderen verbundenen Unternehmen lediglich zwischen 25 % und 50 % des Kapitals oder der Stimmrechte an einem anderen Unternehmen halten.
Dieselbe Begrifflichkeit wird auch vice versa angewandt, d. h. wenn an einem Unternehmen Anteile von 25 % bis einschließlich 50 % durch ein bzw. mehrere andere Unternehmen gehalten werden.
Berechnung der KMU-Bewertung
Um eine KMU-Bewertung korrekt und rechtlich stichhaltig umzusetzen und mögliche Beziehungen zwischen verschiedenen Unternehmen übersichtlich abzubilden, hat sich deshalb die Erstellung eines Organigramms als überaus sinnvolles Hilfsmittel erwiesen.
Denn abgesehen von den Partner- und Verbundunternehmen 1. Grades sind zudem alle verbundenen Unternehmen der verbundenen Unternehmen, alle Partnerunternehmen der verbundenen Unternehmen sowie alle verbundenen Unternehmen der Partnerunternehmen in die Bewertung miteinzubeziehen.
Das kann zu umfangreichen Verflechtungen führen und lässt sich daher am besten an einem Beispiel verdeutlichen:
Die Haarkosmetik-Manufaktur Dresden und ihre Verbund- und Partnerunternehmen. |
Herr Andresen besitzt eine gut gehende Haarkosmetik-Manufaktur in Dresden und möchte im Rahmen der geplanten Unternehmensexpansion mit Hilfe einer speziellen KMU-Förderung des Landes in neue Maschinen investieren. Vergangenes Jahr waren am Standort hochgerechnet 23 Vollzeitarbeiter beschäftigt und das Unternehmen kam auf einen Jahresumsatz von 2.614.323,54 Euro. Gemäß KMU-Definition gehört das Unternehmen somit zu den kleinen Unternehmen und ist antragsberechtigt.
Neben der Haarkosmetik-Manufaktur in Dresden baut Herr Andresen allerdings noch eine weitere Haarkosmetik-Manufaktur in Leipzig auf, für die zusammen mit der Manufaktur in Dresden ein konsolidierter Jahresabschluss zu erstellen ist. Dort waren vergangenes Jahr 16 Vollzeitmitarbeiter angestellt und der Standort hat eine Jahresbilanzsumme von 556.850,23 Euro erzielt.
Außerdem betreibt Herr Andresen in Sachsen 2 Friseursalons mit 4,75 bzw. 7,80 Vollzeitmitarbeitern sowie einem Jahresumsatz von 602.134,86 Euro bzw. 689.591,11 Euro.
Antragstellendes Unternehmen |
Beteiligung |
Mitarbeiter |
Jahresumsatz |
Jahresbilanzsumme |
Haarkosmetik-Manufaktur, Dresden |
100 % |
23,00 |
2.614.323,54 Euro |
740.871,36 Euro |
|
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Verbundunternehmen |
Beteiligung |
Mitarbeiter |
Jahresumsatz |
Jahresbilanzsumme |
Haarkosmetik-Manufaktur, Leipzig |
100 % |
16,00 |
1.364.792,53 Euro |
556.850,23 Euro |
Friseursalon 1 |
100 % |
4,75 |
602.134,86 Euro |
283.673,41 Euro |
Friseursalon 2 |
100 % |
7,80 |
689.591,11 Euro |
362.521,94 Euro |
Gesamt |
|
51,55 |
5.270.842,04 Euro |
1.943.916,94 Euro |
Die Haarkosmetik-Manufaktur in Leipzig und die beiden Friseursalons sind daher als verbundene Unternehmen der Haarkosmetik-Manufaktur in Dresden zu bewerten und die jeweiligen Kennzahlen hinsichtlich Mitarbeiterzahl, Jahresumsatz und Jahresbilanzsumme zu 100 % bei der KMU-Bewertung anzusetzen.
Somit kommt Herr Andresen bei seiner KMU-Bewertung auf insgesamt 51,55 Vollzeitmitarbeiter, einen Jahresumsatz von 5.270.842,04 Euro und eine Jahresbilanzsumme von 1.943.916,94 Euro und ist daher nun als mittleres Unternehmen zu kategorisieren.
Hinzu kommt, dass Herr Andresen mit der Haarkosmetik-Manufaktur Dresden GmbH zu 35 % an einem Kosmetik-Hersteller in Pirmasens beteiligt ist, der 38 Vollzeitkräfte beschäftigt und zuletzt einen Jahresumsatz von 6.879.835,57 Euro eingefahren hat.
Der Kosmetik-Hersteller ist daher als Partnerunternehmen des antragstellenden Unternehmens zu deklarieren und dessen Daten müssen quotal gemessen an der Beteiligungshöhe zusätzlich in die KMU-Bewertung mit einbezogen werden.
Partnerunternehmen |
Beteiligung |
Mitarbeiter |
Jahresumsatz |
Jahresbilanzsumme |
Kosmetikhersteller |
35 % |
38,00 |
6.879.835,57 Euro |
1.478.629,38 Euro |
Gesamt |
|
13,30 |
2.407.942,45 Euro |
1.478.629,38 Euro |
|
Mitarbeiter |
Jahresumsatz |
Jahresbilanzsumme |
Antragstellendes Unternehmen |
23,00 |
2.614.323,54 Euro |
740.871,36 Euro |
Verbundunternehmen |
28,55 |
2.656.518,50 Euro |
1.203.045,58 Euro |
Partnerunternehmen |
13,30 |
2.407.942,45 Euro |
1.478.629,38 Euro |
Gesamt |
64,85 |
7.678.784,49 Euro |
3.422.546,32 Euro |
Demnach kommt Herr Andresen auf insgesamt 64,85 Vollzeitmitarbeiter, einen Jahresumsatz von 7.678.784,49 Euro und eine Jahresbilanzsumme von 3.422.546,32 Euro. Da die Verbund- und Partnerunternehmen keine weiteren Verbund- bzw. Partnerunternehmen haben, die zusätzlich mit einkalkuliert werden müssten, gilt das investitionswillige Unternehmen immer noch als KMU und kann die Antragstellung zur Umsetzung seines Vorhabens fortsetzen.
Deutlich anders allerdings würde der Fall liegen, wenn an der Haarkosmetik-Manufaktur Dresden GmbH neben Herr Andresen noch ein größerer Schönheitspflege-Hersteller mit 80 % der Anteile beteiligt wäre, der 300 Mitarbeiter besitzt. Unter diesen Umständen reicht die Mitarbeiterzahl bereits aus, damit die GmbH nicht mehr die KMU-Kriterien erfüllt. Denn die Kennzahlen der Haarkosmetik-Manufaktur Dresden müssen zu 100 % und die des Gesellschafters zu 80 % angesetzt werden, woraus sich mit 263,0 eine Mitarbeiterzahl jenseits der maximalen 250 Vollzeitmitarbeiter ergibt.
Antragstellendes Unternehmen |
Beteiligung |
Mitarbeiter |
Jahresumsatz |
Jahresbilanzsumme |
Haarkosmetik-Manufaktur, Dresden |
100 % |
23,00 |
2.614.323,54 Euro |
740.871,36 Euro |
|
|
|
|
|
Verbundunternehmen |
|
|
|
|
Schönheitspflege-Hersteller |
80 % |
300,00 |
|
|
Gesamt |
|
263,00 |
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Quellen
- Merkblatt KMU-Definition, kfw.de | PDF-Download