Markt - Trends & Branchenentwicklungen

Dieser Tage ist es wieder soweit: Sehnsüchtig wird das Klingeln an der Haustüre und die Zustellung der Weihnachtsgeschenke erwartet. Die Kurier-, Express- und Paketdienste arbeiten auf Hochtouren und sind dabei ohnehin enorm gefragt. Denn besonders der E-Commerce sorgt für eine boomende KEP-Branche.

Die fristgerechte Zustellung von Paketen erfreut die Kunden, ist jedoch eine logistische Meisterleistung.
© Deutsche Post AG
Gerne gesehen: Die Kurier-, Express- und Paketboten erreichen bei 11 Mio.
Sendungen pro Tag
6 Mio. Empfänger in Deutschland täglich.

Insgesamt rund 330 Mio. Sendungen, in Spitzenzeiten 18 Mio. Zustellungen pro Tag, gut 25.000 zusätzliche Mitarbeiter – so lauten die prognostizierten Kennzahlen des diesjährigen Weihnachtsgeschäfts in der KEP-Branche, die der Bundesverband Paket und Expresslogistik e.V. (BIEK) Anfang November bekannt gab. Für die Monate November und Dezember rechnet der Verband allein bei den Sendungen an den Endverbraucher mit beachtlichen Zuwächsen zwischen 8 % und 10 % gegenüber 2017. Das entspricht 30 Mio. zusätzlichen Sendungen und ist bezeichnend für die enorme Entwicklung, die die Branche in den letzten Jahrzehnten durchlaufen hat.

Kaum ein Markt ist in den vergangenen Jahren so stark gewachsen wie der der Kurier-, Express- und Paket-, kurz KEP-Dienste. In den letzten 20 Jahren hat sich die Zahl der jährlich zugestellten Sendungen nahezu verdoppelt. So betrug das Sendungsvolumen im Jahr 2000 noch 1,69 Mrd. und ist inzwischen auf 3,35 Mrd. in 2017 angewachsen (+ 98 %). Allein im letzten Jahr verzeichnete das Volumen aller nationalen Sendungen ein Plus von 6,1 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr. Das heißt: Die KEP-Dienstleister beförderten 2017 insgesamt 190 Mio. Sendungen mehr als noch in 2016, was im Schnitt mehr als 11 Mio. Sendungen je Zustelltag und über 6 Mio. Kunden täglich bedeutet.

Entsprechend positiv zeigte sich auch die Entwicklung des Umsatzes, der seit dem Jahr 2000 um 93 % gestiegen ist. 2017 erwirtschaftete die KEP-Branche einen Gesamtumsatz von 19,4 Mrd. Euro und übertraf damit den aus 2016 nochmals um 4,9 Prozentpunkte. Der größte Anteil entfiel mit 55 % und 10,7 Mrd. Euro Umsatz auf die Paketdienstleister, gefolgt von den Expressdienstleistern mit 23 % und 4,5 Mrd. Euro Umsatz sowie den Kurierdienstleistern mit 22 % und 4,2 Mrd. Euro Umsatz.

Somit konnten die KEP-Dienste seit 2000 ein Wachstum von durchschnittlich 3,9 % pro Jahr verzeichnen. Zum Vergleich: Die Bruttowertschöpfung im produzierenden Gewerbe (ohne Baugewerbe) lag im selben Zeitraum im Schnitt bei 2,5 %. Handel, Gastgewerbe sowie Verkehr kamen jeweils auf 2,6 % und Finanz- und Versicherungsdienstleistungen auf 1,6 %. Sogar die Wachstumsrate des gesamten Logistiksektors, die sich auf 2,5 Prozentpunkte belief, konnte das Marktsegment damit überbieten.

Darüber hinaus wirkt die Branche als wichtiger Jobmotor in Deutschland. Trotz der zunehmenden Automatisierung von Prozessen ist die KEP-Branche Arbeitgeber für gut 230.000 Menschen und jährlich kommen neue hinzu (Ø 4.600 Beschäftigte/Jahr). Allein in 2017 wurden 10.000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Bezieht man primäre und sekundäre Effekte mit ein, bedingt die Branche rechnerisch betrachtet deutschlandweit sogar 475.500 Jobs. Projiziert man außerdem die Beschäftigungseffekte auf die Zahl aller Erwerbstätigen in Deutschland, lassen sich hierzulande 1 % aller Arbeitsplätze mit der KEP-Branche in Verbindung bringen.

Die Wachstumstreiber der KEP-Branche

Zurückzuführen ist der Erfolg der Kurier-, Express- und Paketdienste insbesondere auf 2 Faktoren:
Den E-Commerce und die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland und Europa.

So hat sich der Anteil an B2C-Paketsendungen 2017 vor allem dank der stetigen Expansion des Online-Handels nochmals um 9,7 % gesteigert. Nach Angaben des E-Commerce und Versandhandel e.V. (bevh) erreichte der nationale Online-Handel 2017 (Dienstleistungen nicht eingerechnet) einen Rekordumsatz von 58,5 Mrd. Euro und legte damit um sagenhafte 10,9 Prozentpunkte gegenüber 2016 zu. Der Handelsverband Deutschland (HDE) geht von ähnlichen Zahlen aus, liegt mit 10,5 % Wachstum aber wenige Prozentpunkte unter den vom bevh herausgegebenen Eckdaten. Auch in Zukunft dürfte das Online-Geschäft mit Waren noch ansteigen, da sind sich beide Verbände sicher und rechnen für 2018 mit einem 9- bis 10%igen Wachstum des E-Commerce.

Dem kommt nicht zuletzt die positive Konjunktur zugute, die maßgeblich zur dynamischen Entwicklung der KEP-Branche beiträgt. Musste das Segment während der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009 noch leichte Einbußen hinnehmen, liegen die Wachstumsraten bei den jährlichen Sendungsvolumina ausgelöst durch das Konsumverhalten der Deutschen und das Wirtschaftswachstum seit 2014 deutlich über dem Durchschnitt von 4,1 %.

Hinzu kommt der grenzüberschreitende Online-Handel, der dank der Vereinfachung von Abwicklungsprozessen sowie schnellerer Versand- und besserer Retouremöglichkeiten zunehmend an Attraktivität gewinnt.

Daher verwundert es nicht, dass gut die Hälfte aller Sendungen im KEP-Markt auf B2C-Sendungen entfallen, während es sich bei 45 % um B2B- und bei lediglich 5 % um C2C-Sendungen handelt.

Ein Blick in die Zukunft: 2018 und weiter

Die aktuelle Situation des KEP-Marktes bietet eine vielversprechende Ausgangslage für das weitere Wachstum der Branche. In Anbetracht der prognostizierten konjunkturellen Entwicklung in Deutschland, Europa und den USA, der steigenden Konsumbereitschaft der Endverbraucher und der wachsenden Bedeutung des nationalen wie internationalen Online-Handels ging BIEK im Frühjahr 2018 für das laufende Jahr von einem erneuten Anstieg des gesamten Sendungsvolumens zwischen 5 % und 5,5 % aus. Für den nationalen Paketmarkt erwartete der Verband ein Plus zwischen 5,5 % und 6 %.

Wie die Marktanalyse der KE-CONSULT Kurte&Esser GbR im Auftrag von BIEK im November ergab, stieg das Sendungsvolumen auf nationaler Ebene im 1. Halbjahr 2018 tatsächlich um 5,9 %. Die Paketsendungen legten um 6 % und die Express- und Kuriersendungen um 5,4 % zu. Die KE-CONSULT rechnet deshalb für das Gesamtjahr 2018 mit über 3,5 Mrd. Sendungen. Außerdem geht die Analyse davon aus, dass der Umsatz in diesem Jahr erstmalig die Grenze von 20 Mrd. Euro übersteigt.

Damit ist das Ende der Fahnenstange allerdings noch nicht erreicht. Unter Einbeziehung der aktuellen Marktentwicklungen, Trends, Erwartungen der KEP-Unternehmen und der durchschnittlichen Wachstumsraten der vergangenen 17 Jahre prognostiziert der Branchenverband BIEK bei einem jährlichen Wachstum von 5,2 % bis 2022 einen Anstieg des Sendungsvolumens auf mehr als 4,3 Mrd. Sendungen (s. Grafik).

Graphik zum prognostizierten Wachstum im Sendungsvolumens bis 2022
© Bundesverband Paket und Expresslogistik e.V. (BIEK)

Die Herausforderungen der Zukunft

So positiv die Stimmung in der Branche auch ist, muss sie sich in Zukunft doch einigen Herausforderungen stellen. Es müssen zunehmend Maßnahmen ergriffen werden, um die internen Prozesse zu optimieren und die Effizienz der KEP-Dienstleister zu steigern. Innovation und Wissen, Forschung und Entwicklung, Nachhaltigkeit und Elektrifizierung im Verkehr oder Digitalisierung sind nur ein paar der Schlagworte, die in diesem Zusammenhang zum Tragen kommen.

Dabei befinden sich die KEP-Dienste bereits auf einem sehr guten Weg. Um die steigenden Sendungsmengen erfolgreich zu bewältigen, tätigen sie kontinuierlich umfangreiche Investitionen in Personal, Fahrzeuge, Umschlaginfrastruktur und innovative Zustellkonzepte, so Marten Bosselmann, Geschäftsführer des BIEK. In 2017 etwa wurden Investitionen in Höhe von 430 Mio. Euro umgesetzt.

Bei der Realisierung von Vorhaben sollten von den KEP-Unternehmen daher auch zinsgünstige Förderdarlehen, Subventionen und Zuschüsse mit in Betracht gezogen werden, um den wachsenden Anforderungen der Verbraucher gerecht werden und langfristig im Wettbewerb bestehen zu können.

Vor allem die Digitalisierung birgt enormes Potenzial für die Unternehmen: Sei es bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle oder der digitalen Erfassung von Geschäftsprozessen. Hier hat sich die Branche gar als Vorreiter gezeigt, indem sie früh auf transparente Logistikabläufe setzte, die den Empfängern heute beispielsweise in Form von Echtzeitverfolgungen ihrer Paketlieferungen zur Verfügung stehen.

Auch die direkte Steuerung der Zustellung durch den Empfänger über die verschiedenen Anbieter hinweg ist das Ergebnis extra entwickelter Technologie und IT-Software. Die optionale Festlegung des Wunschzustelltags, des Wunschablageorts, der Zustellung an einen Wunschnachbarn, die nächstgelegene Poststelle oder Paketstation erzeugt Flexibilität beim Kunden und ist individuell auf dessen Wünsche abgestimmt.

Gleichzeitig steigern derartige Tools die Effizienz beim KEP-Dienstleister, da Touren dynamischer geplant werden können und die Notwendigkeit mehrfacher Zustellversuche weitestgehend entfällt. Unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren, wie neuester Empfängervorgaben oder der aktuellen Verkehrssituation, nimmt die in den Zustellfahrzeugen integrierte Software selbstständig Veränderungen an den Touren vor und passt die Routen entsprechend an. Das spart Zeit, sorgt für Fahrzeugentlastung und ressourcenschonenden Kraftstoffverbrauch, erleichtert die Arbeit der Kurier-, Express- und Paketzusteller und erhöht deren Produktivität.

Digitalisierung und Automatisierung optimieren zudem die internen Prozesse in den Verteilzentren. Die Umstellung auf vollautomatische Sortieranlagen ermöglicht höhere Umschlaggeschwindigkeiten, wodurch Sortier- und Lieferzeiten reduziert und auch größere Sendungsvolumina unproblematisch bearbeitet werden können. Durch die Vernetzung von Umschlagszentren und Fuhrpark könnten künftig zudem vorsortierte Sendungen automatisiert in die Zustellfahrzeuge geladen werden, schätzt der Bundesverband Paket und Expresslogistik e.V.

Chancen und wirtschaftliche Vorteile für die Unternehmen der Branche sieht er für die Zukunft zudem im Einsatz automatisierter und autonomer Fahrzeuge, da diese sich unter anderem positiv auf die Produktivzeit in den Zustellgebieten auswirken. Bevor derartige Fahrzeuge zum Einsatz kommen, müssen jedoch noch einige Voraussetzungen erfüllt und national wie international ein politischer und rechtlicher Rahmen hierfür abgesteckt werden. KEP-Unternehmen sind derzeit aber durchaus schon an Forschungsprojekte auf diesem Gebiet beteiligt.

Auch Feldversuche zur Alternativzustellung per Drohne oder Paketroboter begleiten die Unternehmen. Doch obwohl die KEP-Dienstleister als Innovationstreiber für andere Branchen in diesem Bereich gelten, werden diese Produktentwicklungen wohl nur in wenigen Anwendungsfällen zum Einsatz kommen.

Um die Entwicklung der KEP-Branche darüber hinaus weiter voranzutreiben, bedarf es in jedem Fall des vermehrten Einsatzes finanzieller Mittel. Allein 5 % der gesamten Ausgaben in der Branche werden aktuell für Digitalisierungsmaßnahmen aufgewendet, nimmt BIEK an. Zusätzliche Investitionen in IT-Sicherheit und verschiedene andere Maßnahmen dürften diesen Prozentsatz in Zukunft noch weiter anheben.


Quellen

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