Förderlandschaft - Förderprogramme

Vor wenigen Tagen wurden NRW und Rheinland-Pfalz von einer verheerenden Flutkatastrophe heimgesucht. Über 170 Menschen verloren ihr Leben, andere ihr Hab und Gut sowie ihre private und wirtschaftliche Existenz. Die Infrastruktur ist vielerorts zerstört. Es wird Jahre dauern bis der Wiederaufbau abgeschlossen ist. Neben der versprochenen Unterstützung der Bundesregierung wurden verschiedene Hilfen bereits auf den Weg gebracht.

In Bad Münstereifel türmen sich die Müllberge.
© Land NRW, Ralph Sondermann.
Der historische Ortskern von Bad Münstereifel wurde während des Unwetters stark zerstört.

Als Tief „Bernd“ Mitte Juli über Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz hinwegfegte, überzog er weite Landesteile mit starken Regenfällen, die über Stunden anhielten und kleine Bäche und Flüsse zu reißenden Strömungen anschwellen ließ. Überschwemmungen und sintflutartige Wassermassen waren die Folge und zeichneten nur wenige Stunden später ein Bild der Zerstörung wie es Deutschland lange nicht gesehen hat.

Nach aktuellem Stand schätzen Experten die materiellen Schäden auf mehrere Milliarden Euro und gehen von einer Phase des Wiederaufbaus von mehreren Jahren aus. Der Bedarf an finanziellen Hilfen für den Wiederaufbau ist daher enorm. In einigen Kommunen können Betroffene bereits in kleinerem Umfang Zuschüsse zur Anschaffung des Nötigsten beantragen und auch Bund und Länder haben Soforthilfen in Höhe von 400 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, die schnell und unbürokratisch fließen sollen. Außerdem soll es ein milliardenschweres Aufbauprogramm geben, das den Wiederaufbau vorantreibt.

Steuerliche Hilfen

In NRW und Rheinland-Pfalz trat am 16. Juli ein Katastrophenerlass in Kraft, der Betroffenen ein gewisses Maß an Steuerentlastungen bietet. Insgesamt sieht der Erlass über 30 verschiedene Unterstützungsmaßnahmen vor und wirkt somit der ohnehin hohen finanziellen Belastung der Flutkatastrophenopfer entgegen.

Er ermöglicht unter anderem die Stundung fälliger Steuern, die Anpassung von Steuervorauszahlungen und die Aussetzung von Vollstreckungsmaßnahmen. Unternehmen, Selbstständige und Angehörige der Land- und Forstwirtschaft profitieren von Sonderabschreibungen beim Wiederaufbau ihrer Betriebsgebäude und der Ersatzbeschaffung beweglicher Anlagegüter und betroffene Arbeitnehmer können von ihrem Arbeitgeber steuerfrei Beihilfen in Höhe von bis zu 600 Euro pro Kalenderjahr zusätzlich zum gängigen Arbeitslohn erhalten.

Hilfen von Banken und Sparkassen

Einige Banken und Sparkassen haben zudem Sonderkreditprogramme für Privatpersonen und Unternehmen aufgelegt. Sie dienen in erster Linie der Beseitigung von Schäden an Privat- und Gewerbeimmobilien, können in manchen Fällen aber auch für die Anschaffung von betrieblich notwendigen Maschinen eingesetzt werden und sind oft zinslos oder mit sehr geringen Zinssätzen erhältlich. Da die maximale Kreditsumme zwischen 50.000 und 150.000 Euro variiert sind diese Darlehen jedoch nicht für den Neubau von stark beschädigten und unbewohnbar gewordenen bzw. völlig zerstörten Gebäuden geeignet.

Hilfen von KfW, NRW.BANK und der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz

Hier greifen jedoch die verschiedenen Förderinstrumente von KfW, NRW.BANK und der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz zum Bau und zur Sanierung von Wohn- und Nichtwohngebäuden.

KfW

Im Rahmen der BEG-Förderung beispielsweise erhalten private und gewerbliche Bauherren über die Förderprogramme Wohngebäude-Kredit und Nichtwohngebäude-Kredit attraktive Förderdarlehen mit Tilgungszuschüssen von bis zu 50 % der förderfähigen Kosten für den Bau oder Kauf eines neuen Effizienzhauses, die Immobiliensanierung zum Effizienzhaus oder für die Umsetzung energetischer Einzelmaßnahmen. Neben den Tilgungszuschüssen, die den Kreditbetrag deutlich reduzieren, sind die Förderdarlehen mit niedrigen Zinssätzen ab 0,57 % verknüpft und punkten mit tilgungsfreien Anlaufjahren von bis zu 5 Jahren, Kreditlaufzeiten von bis zu 30 Jahren und einer festen Zinsbindung von bis zu 10 Jahren. Das reduziert den finanziellen Druck für die Käufer und Immobilieninhaber und bringt ein Höchstmaß an Planungssicherheit.

Ist die geplante Immobilie zudem für die Eigennutzung vorgesehen, können Kreditnehmer die Gestaltung der Außenanlage über das KfW-Wohneigentumsprogramm finanzieren. Das Förderdarlehen bietet Zinssätze ab 0,85 % und Laufzeiten bis 25 Jahre bei bis zu 3 Tilgungsfreijahren und 10 Jahren fester Zinsbindung und kann bei einem maximalen Kreditbetrag von 100.000 Euro zusätzlich zu anderen KfW-Förderinstrumenten oder Fördermitteln anderer Vergabestellen beantragt werden.

NRW.BANK

Angesichts der großen Not in den Katastrophengebieten von Nordrhein-Westfalen hat die NRW.BANK zwei ihrer Förderinstrumente bis zum 31.12.2021 speziell auf die Behebung von unwetter- und hochwasserbedingten Schäden ausgerichtet. Das Programm NRW.BANK.Gebäudesanierung richtet sich dabei an Eigentümer von selbst genutzten Wohnimmobilien, die finanzielle Mittel für die Instandsetzung des Gebäudes, Aufräum- und Reinigungsarbeiten und die Sanierung sowie Erneuerung von Heizungs- und Sanitäranlagen benötigen. Sie können zwischen 2.500 und 75.000 Euro für den Wiederaufbau erhalten bei einem attraktiven Zinssatz von 0,01 %, bis zu 20 Jahren Laufzeit, einem Tilgungsfreijahr und einem festen Zinssatz über die gesamte Laufzeit.

Für gewerbliche Kunden wurde hingegen der NRW.BANK.Universalkredit angepasst. Existenzgründer, etablierte Unternehmen und Freiberufler, deren wirtschaftliche Existenz von den Wassermassen beschädigt wurde, können über ihre Hausbank zinsgünstige Förderdarlehen mit einem Zinssatz ab 0,01 % und einer Laufzeit von bis zu 10 Jahre für Ersatzinvestitionen von Maschinen und Anlagen oder für notwendige Aufräum- und Reinigungsarbeiten beantragen. Der maximale Kreditbetrag liegt bei 2 Mio. Euro. Ab einer Kreditsumme von 25.000 Euro kann zusätzlich eine 50%ige Haftungsfreistellung beantragt und so das Risiko der finanzierenden Hausbank reduziert werden.

Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz

Hilfebedürftigen Immobilienbesitzern in Rheinland-Pfalz bietet die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz mit ihren gängigen Förderprogramme zum Bau und zur Modernisierung von Gebäuden einen vielfältigen Mix an Finanzierungsmöglichkeiten. So lassen sich der Erwerb, der Neubau und die Sanierungsmaßnahmen von selbst genutzten Wohnimmobilien über das Programm Wohneigentum Universell darstellen. Mit dem Darlehen können Kreditbedarfe bis 100.000 Euro gedeckt werden, wobei größere Finanzierungsbedarfe durch die Kombination mehrerer Förderinstrumente ermöglicht wird. Erforderlich sind allerdings 10 % Eigenkapital und die Hinzuziehung eines weiteren Finanzierungspartners. Im Gegenzug erhalten Kreditnehmer ein Förderdarlehen mit einem Zinssatz ab 1,80 %, einer Laufzeit von maximal 20 Jahren und einer festen Zinsbindung über die gesamte Laufzeit.

Der Neubau und die Sanierung von Gewerbeeinheiten kann darüber hinaus über den Unternehmerkredit RLP oder den ERP-Gründerkredit RLP realisiert werden. Nach Informationen aus den Kreisen der Investitions- und Strukturbank sieht die Vergabestelle jedoch auch die Implementierung weiterer spezieller Sonderprogramme für die Betroffenen vor. Zum jetzigen Zeitpunkt ist aber noch nicht bekannt, wie diese gestaltet sein werden.

Um die finanzielle Situation der Flutkatastrophenopfer nicht weiter zu verschärfen, können Privatpersonen und Unternehmen, die bereits Kunde bei der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz sind, in den Bereichen Gewerbe- und Wohnraumförderung in Rücksprache mit der Hausbank zudem Tilgungsaussetzungen beantragen. Dies gilt allerdings nur für Gewerbetreibende, die über ein Förderdarlehen ohne Haftungsfreistellung verfügen. Bei Kunden der Wohnraumförderung können außerdem die Zinsen gestundet werden.


Quellen

Interviews

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