Förderlandschaft - Digitalisierung

Es klingt alles hervorragend: im zweistelligen Milliardenbetrag hat der Bund die Förderung im Breitbandausbau angesiedelt. Bis 2025 sollen in allen Regionen der Bundesrepublik superschnelle Leitungen liegen. Trotzdem regt sich massiver Widerstand. Was sind die Chancen und Gefahren der geplanten Maßnahmen?

Aufgeschnittenes Glasfaserkabel mit leuchtendem Kern. Binärcode kommt aus den Kabelenden.
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Glasfaser ist die Technik der Zukunft: Sie ist schnell, störungsresistent und
langlebig.

Der Breitbandausbau ist ein notwendiges Instrument für die langfristige wirtschaftliche Etablierung aller digitalen Strukturen in Deutschland. Jedes Unternehmen, angefangen vom lokalen Handwerksbetrieb bis zum internationalen Konzern, ist auf eine gleichzeitig schnelle, breite und stabile Verbindung mit dem Internet angewiesen.

Allein im Vergleich des genutzten Datenvolumens zwischen 2000 und einer Schätzung für 2020 wird nach Angaben der Deutschen Telekom der Datenhunger im Verlauf von nur 20 Jahren um das 3.000-fache gewachsen sein. Unterhaltungsmedien machen ihren Teil in der privaten Nutzung aus. Jedoch greifen viele Unternehmen bereits auf die cloud-Technologie zur sicheren und gleichzeitig immer verfügbaren Datenspeicherung zurück.

Um hier eine Anschlussfähigkeit der bundesdeutschen Strukturen zu schaffen, hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) erst kürzlich ein großes Upgrade für die bestehenden Förderprogramme angekündigt. Hiermit will die Koalition ihrer Vereinbarung nachkommen, im Verlauf der Legislaturperiode weitere 10 bis 12 Mrd. Euro für digitale Logistik zur Verfügung zu stellen. Die Branchengrößen nehmen diese Nachricht jedoch überwiegend kritisch und zurückhaltend auf.

Was ist Glasfasertechnik überhaupt?

Elektrischer Strom ist schon richtig schnell, einen hervorragenden Leiter wie etwa Kupfer vorausgesetzt. Noch schneller aber, und zwar um ein Vielfaches, ist das Licht. Anstatt daher auf konservative Stromkabel zu setzen, weist die Zukunft in Richtung Lichtübertragung. Dies geschieht typischerweise in Bündeln von Lichtwellenleitern aus Quarzglas oder Kunststoff. Von der Umgebung abgeschottet, sodass keine Interferenzen entstehen, wie sie etwa ein elektromagnetisches Feld erzeugen kann, rast das Internet unterirdisch wortwörtlich zum Endverbraucher. Mit heutigem technologischen Stand ist es so möglich, eine Downrate von bis zu 1.000 Mbit/s (= 1 Gbit/s) zu erreichen. Zum Vergleich: DSL-Technologie schafft gerade mal um die 50 Mbit/s, VDSL immerhin bis zu 250 Mbit/s, wenn das sog. Supervectoring zum Einsatz kommt, eine softwaregestützte Optimierung der VDSL-Datenraten.

Das Problem bei der ganzen Sache sind einzig und allein die verlegten Leitungen. Moderne Kupferkabel könnten theoretisch VDSL bis zu 400 Mbit/s ermöglichen. Die oft bis zu 60 Jahre alten Leitungen, die noch zu großen Teilen in Deutschland verlegt sind, schaffen jedoch allenfalls die Hälfte. Die Deutsche Telekom selbst, Vorreiter im Breitbandausbau mit VDSL, versteht diese Art der Technologie als Brückenlösung, die aber bereits jetzt realistisch für mehr als 28 Mio. Haushalte mit Ende 2019 umgesetzt werden könnte.

Das richtig schnelle Internet kommt jedoch nur da an, wo nicht nur die Leitungen, die unter der Straße liegen, aus Glasfaser sind, sondern das Fiber bis ins Haus des Endverbrauchers läuft (FTTH). Dies ist aufwendig, kostet viel und selbst die Branchenexperten bezweifeln, dass die Pläne der Bundesregierung, bis 2025 jeden Haushalt ans Giganetz (also mit mind. 1 Gbit/s Downrate) angeschlossen zu haben, realistisch umsetzbar sind.

Der Ist-Stand

Eine statistische Erhebung zeigt, wie weit Deutschland diesem Ziel noch hinterher hinkt: Gerade einmal 2,3% der deutschen Haushalte waren im Dezember 2017 an FTTH-Netze angeschlossen. Dies entspricht dem fünftletzten Platz im OECD-Vergleich. Andere Staaten sind da bereits deutlich weiter: Japan und Südkorea hatten bereits eine Versorgung zu 76 % erreicht, im europäischen Vergleich lagen Litauen, Lettland und Schweden mit deutlich über 60 % Abdeckung an der Spitze.

BMVI und Bundesminister Andreas Scheuer haben diese Unverhältnismäßigkeit schon 2018 klar benannt und entsprechende Maßnahmen umgesetzt. Der Breitbandausbau läuft seitdem auch in ländlichen Gebieten — stetig, jedoch noch keineswegs auch nur annähernd in dem Ausmaß, das die Bundesregierung anpeilt.

Der Soll-Stand

Das Förderziel des Bundes richtet sich ganz klar auf den Begriff des Giganetzes. Ein Blick auf den Breitbandatlas des BMVI zeigt, wie weit davon entfernt die Gegenwart ist. Nur rund 75 % der bundesdeutschen Haushalte können bisher mit einer Leitung versorgt werden, die mehr als 30 Mbit/s Downstream bietet.

Um dies grundlegend zu ändern, hat das BMVI die Schwelle für die Förderungsmöglichkeiten im Breitbandausbau wesentlich herabgesetzt. Kommunen müssen jetzt keinen Wirtschaftlichkeitsvergleich mehr erbringen und dürfen anstelle eines ausführlichen Finanzplans eine begründete Schätzung einreichen. Damit die Förderung des flächendeckenden geförderten Ausbaus nicht die eigenwirtschaftliche Struktur schädigt, ist das Markterkundungsverfahren für Telekommunikationsunternehmen von vier auf acht Wochen ausgedehnt worden. Sie sollen damit die Chance bekommen, sich mit mehr Substanz in die Projekte einzubringen.

Stolpersteine auf dem Weg

Dennoch sind Vertreter der großen Telekommunikationsunternehmen und des Zusammenschlusses Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) skeptisch. Die neuen Bestimmungen sehen nämlich auch vor, dass selbst dort, wo bereits ein Anbieter zwar schnelles VDSL zur Verfügung stellt, jedoch keine Giganetz-Leitung, eine Förderung möglich ist. Kreispolitikern scheint es fraglich, ob dort die Fördermittel richtig eingesetzt sind oder diese nicht eher gezielt in ländliche Gebiete weisen müssten.

Diese überaus deutliche Fokussierung der Bundesregierung auf die Technologie Glasfaser bzw. FTTH ist insbesondere den Anbietern ein Dorn im Auge, die zunächst noch auf eine Optimierung der VDSL-Technologie setzen, hier allen voran die Deutsche Telekom. Die klare Entscheidung der öffentlichen Hand für eine favorisierte Technologie wird von manchen gar als massiven Eingriff in den Markt gewertet.

Eine andere Sorge besteht da, wo mit einer Angebotslage zu rechnen ist, der der Markt nicht begegnen kann. Die ausführenden Unternehmen des Breitbandausbaus sind in der Regel kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Die Kosten für deren Dienstleistungen könnten in kurzer Zeit wesentlich in die Höhe schnellen, was zwar die Dienstleister selbst freuen dürfte, jedoch die Makrostruktur auf lange Sicht schädigen könnte.

Zuletzt hat auch die EU noch ein Wort mitzureden. Sie sieht Förderungen für den Breitbandausbau in Gebieten mit einer Versorgung ab 30 Mbit/s Downstream nicht vor. Eine Absprache mit der zuständigen EU-Kommission steht bislang noch aus.

Förderfähigkeit und Praxis

Nach Expertenschätzungen, auf die sich das Handelsblatt bezieht, wären gerade einmal ca. 1 Mio. Haushalte bundesweit von den angepeilten Fördermaßnahmen angesprochen.

Dies hat zwei Gründe: Erstens gibt es bis Ende 2022 sog. Investitionsschutzgebiete, die Projekte schützen, die innerhalb der letzten drei Jahre umgesetzt wurden. Zweitens grenzt sich das Vorhaben des Bundes zwar gegen eine Stärkung der VDSL-Technologie ab, die über konservative Koaxialleitungen geführten Netze der Kabelanbieter gelten aber als gigabitfähig. Damit scheiden rund 75 % der mit Kabelnetz versorgten Gebiete aus der Förderung aus.

Im Ganzen ist es mit Vorsicht zu genießen, wenn die Fördergelder des Bundes allzu reichhaltig ausgegossen werden. Wie man Pflanzen totgießen kann, kann sich auch ein Übermaß an Förderung negativ auf den Markt auswirken.

Da schon bisher die öffentlichen Fördertöpfe für den Breitbandausbau nicht ausgeschöpft wurden, ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass mit der Aufstockung des Budgets das wesentliche Problem behoben wird. Vielmehr wäre es wichtig, strukturell zu ergründen, warum die bisherige Nachfrage an der Basis, also den Kommunen und regionalen Unternehmen, eher gering ausgefallen ist.

Solange es den Endverbrauchern nicht klar ist, warum sie ein schnelles, belastbares und technologisch zukunftsorientiertes Internet brauchen, kann die Regierung viele gute Ideen haben — sie werden nicht von der Basis aufgenommen werden. Die bereits laufende Aufklärungsarbeit der Breitbandkompetenzzentren der Länder setzt hier einen wichtigen Akzent.

Es genügt nicht, eine moderne Technologie zur Verfügung zu stellen. Genauso wichtig ist das Wissen darum, wie sie für private, kommunale und wirtschaftliche Zwecke genutzt werden kann. Hier besteht erheblicher Aufholbedarf bei den verantwortlichen Planern.

Quellen

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