ARCHIV - Aus der Förderlandschaft
Nach achtjähriger Dienstzeit geht der bisherige EZB-Chef Mario Draghi (72) zum 31. Oktober in den Ruhestand. Wer seine Nachfolgerin wird, war selbst für viele Experten eine Überraschung: Ab 1. November wird die bisherige Direktorin des Internationalen Währungsfonds Christine Lagarde (63) die Geschicke der Eurozone lenken.
© Martin Lamberts / European Central Bank |
Der bisherige Präsident und die neue Präsidentin der EZB: Mario Draghi und Christine Lagard bei der Verabschiedungsfeier. |
Die EZB befindet sich in einem Dilemma: Auf der einen Seite will sie den Euro als gemeinsame Währung erhalten, auf der anderen Seite soll sie die Finanzwirtschaft stabilisieren. Mit der bisherigen Niedrigzinspolitik Draghis wurde vor allem Ersteres verwirklicht. Es bleibt abzuwarten, welche Akzente seine Nachfolgerin setzen wird. Experten erwarten von ihr eine Neubelebung des Teamgeistes innerhalb der EZB und sehen sie vor allem vor die Aufgabe gestellt, die Konsequenzen einer Politik aus niedrigen Zinsen und steigender Inflation zu bewältigen.
Lagarde ist studierte Juristin. Bis zu ihrem Wechsel in die Politik machte sie sich einen Namen als erfolgreiche Wirtschaftsanwältin. Von 2007 bis 2011 war sie französische Finanzministerin. Anschließend leitete sie bis in die Gegenwart den IWF, das wichtigste internationale Organ der Vereinten Nationen zur Stabilisierung von Staatsfinanzen.
Wie alle Leute in Spitzenpositionen war und ist Lagarde nicht immer unumstritten. Aufgrund ihres eher gemäßigt-vorsichtigen Profils werfen Kritiker ihr gelegentlich Weichspülertum vor. Andererseits ist nicht von der Hand zu weisen, dass ihr Einfluss und Vorgehen zu vielen positiven Entwicklungen im internationalen Finanzwesen geführt haben. Das zeigt sich auch an ihren zahlreichen Auszeichnungen: Dem Forbes-Magazin galt sie 2015 als eine der zehn mächtigsten Frauen der Welt. Die Financial Times vergab 2009 die Auszeichnung als beste Finanzministerin der Eurozone. Seit 2012 ist sie Offizierin der französischen Ehrenlegion.
Während die EZB nun erstmalig Frauenpower in der Funktion der Präsidentin bekommt, ist im IWF bereits die zweite starke Frau auf dem Leitungsposten. Seit dem 1. Oktober ist die Bulgarin Kristalina Georgiewa (66) geschäftsführende Direktorin des UN-Fonds.