Markt - Arbeitswelt

In den kommenden Jahren stehen bei vielen kleinen und mittleren Unternehmen tiefgreifende Veränderungen an. Bis 2022 planen knapp über eine halbe Million KMU eine Unternehmensnachfolge. Allein bis Ende 2019 sind rund 236.000 Unternehmen betroffen. Allerdings ist die Nachfolge oftmals noch nicht geklärt.

Der Stab des Inhabers wird an den Nachfolger weitergereicht
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Ein erfolgreicher Generationenwechsel bedarf einiger Vorbereitung.

In den kommenden Jahren stehen bei vielen kleinen und mittleren Unternehmen tiefgreifende Veränderungen an. Bis 2022 planen knapp über eine halbe Million KMU eine Unternehmensnachfolge. Allein bis Ende 2019 sind rund 236.000 Unternehmen betroffen. Allerdings ist die Nachfolge oftmals noch nicht geklärt.

Dadurch stellt die Unternehmensnachfolge in den nächsten Jahren eine der zentralen Herausforderungen für den Mittelstand dar, wie eine Untersuchung von KfW Research basierend auf dem repräsentativen KfW-Mittelstandspanel ergab. „Es besteht die Gefahr, dass Unternehmen nicht weiterentwickelt werden, ihr Wert sinkt und damit auch die Chance, sich erfolgreich am Markt zu behaupten. Der Generationenwechsel muss daher eines der Top-Themen sowohl in den Chefetagen des Mittelstands als auch in der wirtschaftspolitischen Agenda hierzulande sein“, so Dr. Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der KfW Bankengruppe. Denn die wirtschaftliche Bedeutung dieser Unternehmen ist enorm.

Allein die 236.000 Unternehmen, bei denen ein Generationenwechsel bis Ende 2019 ansteht, machen rund 6 % aller KMU aus. Sie bieten Arbeitsplätze für 2 Mio. Mitarbeiter, das entspricht 6,4 % aller Arbeitnehmer im Mittelstand, und beschäftigen 89.000 Auszubildende. Außerdem erwirtschaften sie mit 311 Mrd. Euro jährlich rund 7 % des Gesamtumsatzes im Mittelstand und verfügen mit 2 % aller unternehmerischen Investitionen über ein Investitionsvolumen von 9 Mrd. Euro.

Zwischen 2020 und 2022 werden nochmal 275.000 Unternehmen hinzukommen. In der Summe bedeutet das für die kommenden 5 Jahre knapp über eine halbe Mio. Unternehmensnachfolgen. D.h. ein Generationenwechsel ist bis 2022 bei 13,7 % aller kleinen und mittleren Unternehmen erforderlich.

Die Spitze wird jedoch erst für die Jahre 2023 bis 2027 erwartet. Dann werden 11 % aller kleinen und mittleren Unternehmen eine Nachfolgeregelung finden müssen.

Dabei ist ein Inhaberwechsel ein langwieriger Prozess, der einige Vorbereitung und Abstimmung erfordert. Vor allem die emotionale Bindung zum Lebenswerk und der fehlende Mut, sich vom Unternehmen zu lösen, schränken jedoch oft das wirtschaftliche Denken ein und verhindern es, sich rechtzeitig mit der notwendigen Planung zu beschäftigen.

Zwar haben bereits 58 % der KMU, deren Inhaber in den kommenden 2 Jahren aus dem Unternehmen ausscheiden, einen Nachfolger gefunden und befinden sich in Verhandlungen oder haben diese erfolgreich abgeschlossen, bei fast 100.000 Unternehmen jedoch drängt die Zeit. Hier steht eine konkrete Nachfolgelösung noch aus.

Aber nicht nur die fehlende Bereitschaft zum Abschied seitens der Inhaber ist ein Problem, das eine erfolgreiche Übernahme erschwert: Viele Inhaber ziehen allein die Geschäftsaufgabe in Betracht, wollen das Unternehmen nur in Familienhand wissen und schauen daher nicht über den Tellerrand oder es fehlen übernahmewillige Gründer.

Die Stilllegung als einzige Alternative?

Vor allem die Geschäftsaufgabe erscheint vielen Unternehmensinhabern als einzige Alternative. Für jeden 7ten Unternehmer im Mittelstand ist es die einzige Option. Das entspricht 14 % bzw. 545.000 KMU. Weitere 6 % (knapp 191.000 KMU) denken zudem ernsthaft über eine Stilllegung nach.

Würden diese Stilllegungspläne in die Tat umgesetzt, würden in den kommenden 5 Jahren 331.000 Unternehmen vom Markt verschwinden. Im Höchstfall läge der Anteil stillgelegter Unternehmen bis 2022 demnach bei 9 %. Rund 1,63 Mio. Menschen würden dann ihre Arbeitsplätze verlieren.

Dabei ist es auch eine Frage der Unternehmensgröße, ob eine Schließung des Unternehmens überhaupt in Betracht gezogen wird. Während lediglich für 5 % der größeren Mittelständler mit 50 und mehr Angestellten eine Schließung in Frage kommt, steigt der Anteil bei den Kleinstunternehmern mit weniger als 5 Beschäftigten drastisch um das 8fache auf 41 %.

Viele Inhaber wünschen sich die Fortführung durch ein Familienmitglied

Ist eine Stilllegung nicht angedacht, steht bei vielen Inhabern die Familiennachfolge an erster Stelle. Branchenunabhängig favorisieren rund 54 % die Übernahme durch einen Familienangehörigen, 42 % die Übernahme durch einen externen Käufer, 27 % die Übernahme durch einen Miteigentümer und 25 % die Übernahme durch einen Mitarbeiter.

Nur 2 von 10 Unternehmensinhabern jedoch berücksichtigen bei ihren Überlegungen mehrere Nachfolgelösungen. 77 % beschränken sich auf eine einzige Nachfolgevariante und sind daher wenig flexibel.

Es mangelt an übernahmewilligen Gründern

Hinzu kommt, dass es an Existenzgründern fehlt, die an einer Übernahme interessiert sind. Die Zahlen sind bereits seit Jahren rückläufig. Strebten 2001 noch 1,5 Mio. Menschen eine Selbstständigkeit an, belief sich deren Zahl 2016 nur noch auf 672.000. Gleichzeitig gründen ¾ der Existenzgründer lieber neu als auf ein bestehendes Unternehmen aufzubauen. Nur 154.000 Menschen starteten 2016 durch eine Unternehmensbeteiligung oder -übernahme in die Selbstständigkeit. Der erforderliche Bedarf kann auf diese Weise kaum gedeckt werden.

Bestehende Unternehmen als Chance für Existenzgründer

Dabei bieten etablierte KMU durchaus Chancen für Existenzgründer. Nicht nur, dass bestehende Unternehmen mit dem vorhandenen Mitarbeiter- und Kundenstamm, eventuellen Immobilien und einem entsprechenden Maschinenpark eine hervorragende Ausgangsbasis für eine erfolgreiche Selbstständigkeit darstellen, EU, Bund und Länder unterstützen die Gründer zudem mit öffentlichen Fördermitteln in Form von Förderdarlehen, Zuschüssen und Subventionen.

Unternehmer vor der Tür zur Zukunft
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Etablierte Unternehmen eröffnen Existenzgründern
enorme Möglichkeiten.

Neben Investitionsmaßnahmen etwa baulicher Art können nämlich auch Unternehmensübernahmen gefördert werden, seien sie familienintern oder extern. Denn gerade der langfristige Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen sowie eine florierende Wirtschaft sind im Sinne der Öffentlichkeit.

Auf diese Weise ermöglichen entsprechende Förderprogramme (fast jedem) übernahmewilligen Neugründer die Umsetzung eines tragfähigen und nachhaltigen Generationenwechsels, selbst wenn nur ein sehr geringes oder kein Eigenkapital vorhanden ist.

Gefragt ist hier die Initiative des Unternehmensinhabers. Schließlich ist es in seinem Interesse, das Unternehmen zu veräußern und einen adäquaten Kandidaten für die Unternehmensnachfolge zu finden. Sinnvoll ist es daher, wenn der Unternehmer seinen möglichen Nachfolger über geeignete Förderprogramme in Kenntnis setzen kann. Externe Hilfestellung leisten dabei zertifizierte Fördermittel-Berater. Sie nehmen eine Analyse des Unternehmens, seiner Kapazitäten und Potenziale vor und stellen auf dieser Basis passende Förderprogramme zusammen. Außerdem unterstützen sie Unternehmer und Nachfolger von der Erstellung des Finanzierungskonzeptes bis hin zur Antragstellung und begleiten den Übernahmeprozess.

Für Neugründer wie für Unternehmensinhaber gilt es somit, vorhandene Potenziale zu nutzen und auszuschöpfen. Zumal auch auf lange Sicht das Problem der Nachfolgeregelung für den Mittelstand bestehen bleiben wird.

Zukunftsperspektiven

Ursächlich ist vor allem der demografische Wandel. Er spiegelt sich in der Inhaberschaft der KMU weitaus deutlicher wider als anderswo. Im Schnitt liegt das Alter eines Unternehmers derzeit bei rund 51 Jahren. Zum Vergleich: 2002 waren es nur 45 Jahre. Allein 2016 waren 39 % und damit 1,4 Mio. KMU-Chefs 55 Jahre oder älter.

Besonders betroffen sind dabei Regionen wie Schleswig-Holstein, Thüringen und Baden-Württemberg. In Schleswig-Holstein sind mit 46 % fast die Hälfte der Selbstständigen im Mittelstand 55 Jahre oder älter. In Thüringen sind es 44 % und in Baden-Württemberg 41 %.

Zudem streben knapp 21 % der in Schleswig-Holstein ansässigen mittelständischen Arbeitgeber für die kommenden drei Jahre das Ausscheiden aus ihrem Unternehmen an. In Thüringen, Hessen und Baden-Württemberg sind es jeweils 17 %, in Nordrhein-Westfalen 16 %. Gerade der Bedarf an übernahmewilligen Gründern ist in diesen Bundesländern enorm.

Quellen:

Interviews

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